WISSENSCHAFT
Aufgepasst im Badesee: Hier schwimmen häufig multiresistente Keime mit. Das fand ein Forschungsteam der Universität Duisburg-Essen (UDE) sowie den Universitäten in Marburg und Hongkong heraus. Die Wissenschaftler:innen untersuchten 274 europäische Süßwasserseen in 13 Ländern auf verschiedene Erreger und fanden sie in fast jedem der Seen.
Wie die Studie im Fachmagazin „Environment International“ zeigt, befinden sich in fast allen der untersuchten Gewässer Erreger, die gegen diverse Antibiotika immun sind. Die Forscher:innen testeten sie auf Resistenzen gegen die vier wichtigen Antibiotikaklassen Tetracycline, Cephalosporine, Chinolone und Sulfonamide, die vor allem in der Humanmedizin und in der landwirtschaftlichen Tierhaltung eingesetzt werden. Besonders gegen die ersten drei Antibiotikagruppen fanden die Wissenschaftler:innen viele resistente Keime.
Solche Keime treten hauptsächlich dort auf, wo Antibiotika häufig eingesetzt werden: in Kliniken und der Landwirtschaft, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt. Antibiotika töten die Keime ab, die nicht resistent sind; der Rest vermehrt sich. Wer sich mit resistenten Keimen infiziert, kann mit den jeweiligen Antibiotika nicht oder nur schwer geheilt werden.
Vor allem Landwirtschaft und chemische Industrie bringen die Keime in die Seen
Dass sich resistente Keime in vielen Süßwasserseen befinden, muss sich nicht direkt auf die Gesundheit der Menschen auswirken, betont die Forschungsgruppe. „Allerdings können die Keime für Personen mit geschwächter Immunabwehr oder Vorerkrankungen bedrohlich werden“, sagt Dominik Heider, Professor für Biomedizin an der Universität Magdeburg. „Es ist sehr wichtig, die Keimbelastung kontinuierlich zu überwachen. Die aktuellen Werte sollten als deutliches Warnsignal in der Infektionsbekämpfung verstanden werden“, sagt Heider.
Für diese dauerhafte Überwachung hat die Studie der Forschungsgruppe einen Grundstein gelegt: „Die bisherigen Forschungsarbeiten zu antibiotikaresistenten Keimen in Umweltgewässern waren geographisch begrenzter und weniger standardisiert“, erklärt Professor Jens Boenigk, Experte für Diversität und Verbreitung von Mikroorganismen an der UDE. „Wir geben in unserer Studie zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation in Europa.“
Dass die gefährlichen Erreger in so vielen Gewässern mitschwimmen, führt die Forschungsgruppe vor allem auf Abwässer zurück: „Die werden zwar vor der Einleitung in Flüsse und Seen gereinigt, weisen aber dennoch Krankheitserreger auf. Diese gelangen dann in Süßgewässer“, sagt Sebastian Spänig, Erstautor und Doktorand in der Arbeitsgruppe Data Science in der Biomedizin an der Universität Marburg. Neben Abwässern macht er chemische Industrie und Tierhaltung direkt an Gewässern für die Entwicklung der antibiotikaresistenten Keime verantwortlich.