WISSENSCHAFT
Eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) beschäftigt sich mit der Gleichstellung von Frauen an Hochschulen. Unter der Leitung von IAQ-Direktorin Prof. Dr. Ute Klammer wurden 40 Soziolog*innen zum Thema befragt.
„Bis heute ist nur knapp jede vierte Professurenstelle mit einer Frau besetzt“, schreibt Ute Klammer in einem Bericht über die von ihr geführte Studie über Gleichstellung an Hochschulen. Obwohl es im Hochschulsektor Frauenförderung durch Gleichstellungsbeauftragte und 905 Maßnahmen des Landes NRW zur Gleichstellung gebe, blieben Professorinnen auch in puncto Gehalt gegenüber ihren Kollegen deutlich auf der Strecke. Aus diesem Grund beschäftigt sich die Studie des IAQ nicht mit der Aufforderung nach mehr Gleichstellungsmaßnahmen, sondern intensiver damit, „in welchem Verhältnis Gleichstellungsziele in der Wissenschaft zu anderen Zielen stehen“.
Maßnahmen zur Balance von Familie und Job besser akzeptiert
Bei der Befragung stellte sich heraus, dass die Befragten der Studie einen nicht vermeidbaren Konflikt zwischen Exzellenz und Gleichstellung sahen. Dabei wurde von kaum einem*r Interviewpartner*in der Begriff Exzellenz genauer definiert. Daraus ergibt sich für Klammer: „Die Arbeitskultur in der Wissenschaft wird häufig mit Bildern eines Kampfes oder zumindest als sportlicher Wettkampf umschrieben. […] Frauen wird dabei verminderte Risikobereitschaft und Machtaffinität zugeschrieben.“ Vor dem Hintergrund der männlich dominierten Wissenschaftskultur werden Frauen diese Eigenschaften als defizitär ausgelegt. Bei solchen Wettkämpfen gehe es meist um Positionen, Publikationen und um Drittmittel.
Weitere Angaben der Befragten der Studie zeigten, dass sie eine „mangelnde Unvereinbarkeit von Familienarbeit und den Leistungsanforderungen im Wissenschaftssystem“ als Grund für Geschlechterungerechtigkeit an Hochschulen sehen. Daraus folgte unter anderem der Schluss, dass Familienvereinbarungsmaßnahmen besser akzeptiert werden, als eine gleichberechtigte Verteilung von Geld und Macht. Klammer sieht darin die Gefahr, dass sich Geschlechterrollen noch verfestigen könnten, „zumindest solange nicht auch Männer als Väter und Pflegende angesprochen werden“.
Die Studie stellte außerdem heraus, dass Gleichstellungsbeauftrage der deutschen Förderungsgemeinschaft (DFG) der Gleichstellung an Hochschulen eine besondere Bedeutung zuschreiben. Jedoch zeigt sich der Einfluss dieser bei den Befragten der Studie im Hinblick auf Gleichstellungswissen und darauf folgendes Handeln bisher als gering. Zusammengefasst ergeben sich aus den Resultaten der Studie rund um Prof. Dr. Klammer vielfältige Handlungsempfehlungen, die zu einer besseren Verbreitung von Gleichstellungswissen und -handeln an Hochschulen beitragen können. Dabei gehe es vor allem um „gezielte Entlastung bei Gremientätigkeiten, bis zur Reflexion widersprüchlicher Zielvorstellungen im Hochschulsystem“.
Welche Ziele ergeben sich?
Zusätzlich kann die Studie helfen, auch weitere strukturelle Probleme an Hochschulen zu erkennen. Dabei kann es etwa um die Beantwortung der Fragen gehen, wie die Beschäftigung von Nachwuchs gesichert und Qualifikationen abseits einer Professur besser anerkannt werden können. Für Klammer geht es dabei vor allem um eine wesentliche Frage: „Was ist unser Verständnis von guter, von exzellenter Wissenschaft – und wie können wissenschaftliche Einrichtungen so aufgestellt werden, dass keine Talente – Frauen wie Männer – verloren gehen?“
Die gesamte Studie ist bereits als Buch erhältlich unter dem Titel: „Gleichstellungspolitik an Hochschulen. Was wissen und wie handeln Professorinnen und Professoren”. Zu finden unter der ISBN-Nummer: 9783847415206, Verlag Barbara Budrich, 2020.