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SCHWERPUNKT

Fechten mit dem Zyklus

„Mit 12 Jahren habe ich mir meinen Kindertraum Ritter zu werden erfüllt.“
– Léa Krüger

[Foto: FIE/Bizzi-Team]


20.09.2022 15:15 - Freya Pauluschke

Léa Krügers Kindheitstraum war es, Ritter zu werden. Diesen Traum hat sie sich mit ihrem Sport, dem Säbelfechten, erfüllt. Léa ficht in der deutschen Damensäbelnationalmannschaft und studiert Jura in Köln. Im Interview erzählt sie, wofür sie sich im Spitzensport einsetzt, warum zyklusbasiertes Training sinnvoll ist und wie sie Studium und Leistungssport unter einen Hut kriegt.

ak[due]ll: Wie kamst du zum Säbelfechten und in welchen sportlichen Initiativen bist du aktiv?

KrügerIch bin in Nürnberg groß geworden. Da gibt es eine Ritterburg und ich wollte unbedingt Ritter werden. Irgendwann habe ich Fechten im Fernsehen gesehen und wollte das machen. Als ich bei einem Freund eingeladen war, der Maske und Waffe in der Ecke stehen hatte, wusste ich einfach: das ist meine Sportart. Long story short, mit zwölf Jahren habe ich mir meinen Kindertraum, Ritter zu werden, erfüllt.

Nach drei Jahren im Sport bin ich auf das Sportinternat nach Dormagen gewechselt und habe dort mein Abi gemacht. Mit sechzehn war ich in der Jugendnationalmannschaft. Seitdem bin ich jedes Jahr für Deutschland bei den Welt- und Europameisterschaften dabei. 2017 bin ich in die Damennationalmannschaft gewechselt. Außerdem bin ich Athletensprecherin im Verband fürs Fechten. Ich bin im Präsidium der Interessenvertretung "Athleten Deutschland". Beim Deutschen Olympischen Sportbund bin ich in der Athletenkommission und vertrete die Interessen der Athleten und ich bin im Aufsichtsrat der nationalen Anti-Doping-Agentur.

ak[due]ll: Wofür setzt sich der Verein „Athleten Deutschland” ein?

KrügerWir wollten eine Interessenvertretung für die Athleten, die unabhängig von den Verbandsstrukturen ist. Wir möchten unabhängig agieren, um uns nur für unsere Interessen einzusetzen. Mittlerweile haben wir auch eine Geschäftsstelle und ein Standing in der Politik. Durch Missbrauchsfälle entstand der Impuls für die Schaffung eines sogenannten Zentrums für Safe Sport.

Vor ein paar Jahren wurde eine Studie veröffentlicht, die besagt, dass 80 Prozent der Athletinnen schon mal psychische Gewalt und 30 Prozent körperliche Gewalt erfahren haben. Aufgrund dieser Zahlen haben wir gesagt: „Es kann nicht sein, dass so ein großer Missbrauch – psychischer, physischer und sexueller Art – im Sport herrscht. Wir brauchen eine Kontrollinstanz, die nicht in den Verbandsstrukturen sein darf, sondern unabhängig sein und vom Bund aufgebaut werden muss.”

Deswegen haben wir die Einrichtung eines Zentrums für Safe Sport gefordert, was auch im neuen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien verankert wurde. Insgesamt engagieren wir uns für viele politische Sachen, um die Gesamtsituation der Athleten in Deutschland zu verbessern.

ak[due]ll: Du hast die Studie über Missbrauch bei Athletinnen erwähnt. Gibt es Initiativen, die sich primär mit den Interessen der Frauen im Leistungssport auseinandersetzen?

KrügerEs gibt das Projekt "Athletinnen D". Da setzen wir uns mit Athletinnen aus ganz Deutschland zusammen und diskutieren darüber, wie man die Situation explizit für Frauen im Leistungssport verbessern kann. Der Sport ist klassischerweise sehr auf Männer ausgerichtet. Themen wie Mutterschaft oder zyklusbasiertes Training sind nicht sehr präsent. Studien und Medikamente werden nur an Männern getestet und daher passt vieles für Frauen nicht. Der weibliche Körper funktioniert anders als der männliche. Wir haben einen Zyklus, an dem wir uns orientieren müssen und hormonelle Schwankungen. Das führt dazu, dass wir an manchen Tagen leistungsfähiger sind und an anderen überhaupt nicht.

Foto Lea Krüger 1.jpg

Léa Krüger ist Präsidiumsmitglied bei Athleten Deutschland, die die Interessen der Athlet:innen vertreten und ein Zentrum für Safe Sport schaffen. [Foto: Athleten Deutschland]

ak[due]ll: Wie kann man sich zyklusbasiertes Training vorstellen, worauf wird dabei geachtet? Muss man präzise und weit im Voraus wissen, wann die Periode einsetzt und danach die Wettkämpfe planen?

Krüger: Wettkämpfe macht man trotzdem, da ignoriert man so ein bisschen den Zyklus. Aber vor allem Sportarten, die viel mit Ausdauer und Kraft zu tun haben, bei denen es nur auf die körperliche Fitness ankommt, können sich an dem Zyklus orientieren. Wichtig ist, dass zyklusbasiertes Training noch nicht wirklich erforscht ist. Das heißt, dass viele Sportlerinnen zyklusbasiertes Training durch Ausprobieren kennenlernen, oder sie haben Wissenschaftler oder Trainer gefunden, die sich schon mehr Gedanken darüber gemacht haben.

Jede Frau kennt es: Wenn du deine Tage hast, bist du einfach K.O. Man hat keinen Bock irgendwas zu machen und das ist auch okay. Das heißt aber nicht, dass man nichts macht. Man kann das Training anpassen, sprich leichtere Einheiten wie Regeneration, Koordination, Mobilisation, Yoga oder mentales Training. Was ich als Leistungssportlerin merke, ist, dass mein Körper total weich wird und ich Schwierigkeiten habe, Spannung aufzubauen. Ich bin müder und dadurch verletzungsanfälliger. Gerade deswegen ist es sinnvoll, in der Zeit nicht durchzuziehen, weil die Verletzungsgefahr höher ist. Wenn man darauf achtet, merkt man, dass nach dem Zyklus eine Phase anfängt, in der man richtig Power hat. Das ist dann die Phase, in der du richtig reinhauen und im Aufbautraining die Kraft nutzen kannst. Sobald die „Superkräfte“ abgeklungen sind, kannst du in deinem normalen Pensum weiter trainieren.

Ich weiß von Athletinnen, die sagen, seitdem sie auf ihren Körper hören und diese Phasen einbauen, haben sie sich extrem verbessert. Die sagen, es macht überhaupt nichts mal ein paar Tage runterzufahren, ganz im Gegenteil, es ist super, um danach die gewonnene Energie vollkommen ausschöpfen zu können.

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ak[due]ll: Kennst du viele Trainer:innen, die dieses Training einsetzen?

KrügerNein. Ich habe es bei uns angesprochen, ob wir nicht mehr auf zyklusbasiertes Training achten wollen. Deine engsten Freundinnen und du, ihr kriegt alle zur selben Zeit eure Tage, weil sich die Hormone irgendwann aneinander anpassen. Auch die Mädels in meiner Trainingsgruppe und ich kriegen alle gleichzeitig unsere Tage, weil wir so viel miteinander abhängen. Es wäre sehr einfach, zum zyklusbasierten Training überzugehen, aber unser Trainer hält da nichts von. Er meint, dass man es im Fechten nicht braucht. Wenn ich meine Tage habe, bin ich wirklich durch und kann nicht trainieren. Das sage ich ihm dann auch so, er akzeptiert es und sagt ich solle nur so viel machen, wie ich schaffe.

ak[due]ll: Neben dem Fechten studierst du Jura. Wie schaffst du beides gleichzeitig?

Krüger: Ganz viel Organisation, Disziplin und Kommunikation. Ich brauche einfach länger fürs Studium. Es war von Anfang an klar, dass ich es nicht in der Regelstudienzeit schaffen werde, das habe ich gar nicht erst versucht. Ich versuche, die Uni um meine Trainingszeiten herumzulegen. Vormittags und nachmittags habe ich zum Beispiel Training und dazwischen gehe ich in die Uni. Klar, gibt es auch mal Vorlesungen, die ich besuchen muss, das spreche ich dann vorher mit meinem Trainer ab. In den letzten Jahren war es tatsächlich so, dass Uni der Ausgleich zum Sport für mich war, was bei den meisten eher andersrum ist.

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