SCHWERPUNKT
Bene Bauer, bekannt unter dem Namen BeneCR7x, ist 22 Jahre alt und professioneller E-Sportler beim VfL Bochum. Mittlerweile gehört er zu den besten FIFA-Spielern in Europa. Wie er zum Profisport gekommen ist, das mit seinem Studium vereint und welche Herausforderungen der E-Sport mit sich bringt.
ak[due]ll: Wie bist du E-Sportler geworden?
Bene Bauer: Mit 18 Jahren bin ich zum E-Sport gekommen. Ich habe damals viele YouTube Videos und Streams zum Thema FIFA geschaut. Auf Twitter wurde ich darauf aufmerksam, dass der VfL Wolfsburg eine Academy gründen möchte und habe mich einfach mal beworben. Allein für die Erfahrung wollte ich teilnehmen. Beim Online-Turnier belegte ich den zweiten Platz und wurde nach Wolfsburg ins Stadion eingeladen und schaffte es, mich zu qualifizieren. Ich wurde als erster Spieler in die Jugendakademie im VfL Wolfsburg aufgenommen und wurde dann durch gute Leistungen zum Profi. Anfang September 2021 wechselte ich zum VfL Bochum zum E-Talent-Werk.
Fast jeder größere Fußballverein hat inzwischen eine Academy, um im
E-Sport-Bereich Talente zu scouten. Das ist in Wolfsburg so abgelaufen, dass man erst an einem Online-Event teilgenommen hat und wenn man es unter die besten Vier geschafft hat, wurde man zu einem Event vor Ort eingeladen. Dort wurden wir auf Medienkompetenz, körperliche Fitness, Ernährungswissen und natürlich in einem FIFA-Turnier getestet. Körperliche Fitness ist wichtig, weil die Turniere meist acht bis zehn Stunden dauern können. Du musst dich konzentrieren können, das ist körperlich schon anstrengend. Außerdem schauen die Vereine darauf, dass sie Spieler unter Vertrag nehmen, die auf Social Media gut vermarktbar sind.
ak[due]ll: Wie sieht dein Alltag mit Profisport und Studium aus?
Bene Bauer: Als ich beim VfL Bochum angefangen habe, habe ich noch in Präsenz in Salzgitter studiert. Das war stressig, denn wenn im September das neue FIFA rauskommt, musst du eigentlich immer an der Konsole hängen. Da sind die ersten zwei Monate schon hart. Ich musste für meine Prüfungen nach Salzgitter fahren, für diese durfte ich zwei Wochen aussetzen. Jetzt ist es ruhiger und ich muss nicht mehr so viel spielen, weil sich acht Monate nach Spielveröffentlichung nicht mehr viel am Spiel verändert. Vor Turnieren muss ich trotzdem viel zocken, um wieder reinzukommen.
Wir haben kein vorgeschriebenes Pensum an Spielzeit, aber wir haben einen Coach, der uns während der Saison begleitet. Sonntag und Montag vor dem Spieltag am Dienstag hat das Team gemeinsame Trainingseinheiten. Vor den großen internationalen Turnieren bin ich für mein Training selbst verantwortlich. Meist läuft das so ab, dass ich gegen andere internationale Profis trainiere und das aufnehme. Anschließend schaue ich mir das zusammen mit meinem Trainer an und analysiere es.
Dadurch spiele ich privat gar nicht mehr, weder andere Games, noch mit anderen Konsolen. Als ich jünger war, habe ich mit meinen Freunden oft nach dem Fußballtraining auf dem Platz noch FIFA gezockt, aber jetzt bin ich froh, wenn ich mal nicht vor der Konsole hocken muss.
ak[due]ll: Was würdest du jetzt machen, wenn du nicht zum Profisport gekommen wärst?
Bene Bauer: Nach dem Abitur habe ich ein Studium in der Medientechnik begonnen. Ich wollte eigentlich in die Richtung Sportjournalismus gehen. Dann kam der Profisport und als ich nach Wolfsburg ziehen musste, habe ich zu Sportmanagement gewechselt. Wenn der Profisport nicht gewesen wäre, hätte ich mein erstes Studium wahrscheinlich durchgezogen und wäre jetzt Journalist. Ich möchte mich nach dem Bachelor ein Jahr nur auf den E-Sport konzentrieren, um zu erfahren, wie es ist, wenn man neben dem Sport einen komplett freien Kopf und viel mehr Zeit hat. Trotzdem schließe ich es nicht aus, danach einen Master zu machen.

ak[due]ll: Wie sieht eine typische Saison im E-Sport aus? An welchen Wettbewerben nimmst du teil?
Bene Bauer: Man unterscheidet zwischen dem nationalen und internationalen Wettbewerb. Die virtuelle Bundesliga findet von Oktober bis März statt, jeden Dienstag ist Spieltag gegen andere Bundesliga Clubs. Mittlerweile sind 26 Vereine aus der ersten und zweiten Bundesliga mit ihren E-Sport-Vereinen dabei.
Im internationalen Wettkampf gibt es die E-Championsleague und den Foot-Championscup, in dem einmal im Monat ein internationales Turnier stattfindet. Je weiter du kommst, desto höher ist das Preisgeld und desto mehr Propoints bekommst du. Das sind die Punkte für die Weltrangliste, ähnlich wie beim Tennis. Die Spieler mit den meisten Punkten werden zur EM eingeladen und durch eine Platzierung in der Meisterschaft qualifiziert man sich für die WM. Ich bin in der Europameisterschaft auf Platz 5 eingestiegen und habe mich damit 2021 für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Eine Woche vor dem Turnier wurde leider die WM in London abgesagt und der Preispool unter allen Teilnehmern aufgeteilt. Das waren 16.000 US-Dollar.
Vom Verein bekomme ich ein normales Gehalt wie ein Lizenzspieler auch. Die Preisgelder bei den Turnieren darf ich behalten. Der Marktwert eines E-Sportlers setzt sich zu 50 Prozent aus den sportlichen Erfolgen und zu 50 Prozent aus der Reichweite auf Social Media zusammen. Ich streame, mache TikTok und YouTube. Auf Tiktok habe ich 120.000 Follower und bin damit der größte deutsche Fifa-E-Sportler auf der Plattform. Als ich vor anderthalb Jahren angefangen habe, habe ich eine Marktlücke entdeckt.
ak[due]ll: Was ist die größte Herausforderung beim Profisport?
Bene Bauer: Was viele Menschen nicht verstehen, ist der mentale Aspekt. Viele denken, man müsse nur extrem viel zocken und dann ist man gut, doch wenn man sich die Top 100 der Welt anschaut, sind die Profis spielerisch auf ziemlich gleichem Level. Diejenigen, die es schaffen, einen Titel zu gewinnen, sind mental am stärksten. Deswegen hat jeder Verein einen eigenen Mentaltrainer und Sportpsychologen. Der Leistungsdruck verlangt einem viel ab. Viele E-Sportler sind im Laufe ihrer Karriere an Depressionen oder ähnlichem erkrankt, weil nicht jeder mit dem Druck umgehen kann. Deshalb werden viele Präventionsprojekte angeboten.
Ich habe schon ein bisschen Angst davor, wenn ich das höre. In der letzten Saison habe ich gemerkt, dass die Erwartungen von außen steigen, gerade durch den Wechsel der Vereine. Das kann einem zu Kopf steigen. Vor allem wenn es dann nicht läuft, ist es nicht immer leicht, stolz auf sich zu sein.
Nachtrag: Bene Bauer konnte sich nach dem Interview erneut für die WM Playoffs 2022 qualifizieren und hat die Chance, den Titel zu holen.