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Weihnachtsmänner outen Neonazi-Student
„Tumulte an der Ruhr-Uni“ und ähnlich lauteten die Schlagzeilen in der letzten Woche. Dort hatten studentische Aktivist*innen den Neonazi Michael Brück geoutet, der seit diesem Semester an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) Jura studiert. Als die Studierenden den Hörsaal betraten, in dem der Neonazi saß, um über ihn zu informieren, kam es zu einem Handgemenge.
Uni-Aktivist*innen hatten in der vergangenen Woche zahlreiche Plakate auf dem Campus und in der Innenstadt aufgehängt sowie Flyer verteilt. Sie zeigen den Jura-Studenten Michael Brück. Der 23-Jährige gehörte zu den führenden Köpfen der militanten Neonazi-Gruppe „Nationaler Widerstand Dortmund“. Nachdem Waffen und rechtsradikales Material bei Durchsuchungen gefunden wurden, wurde die Vereinigung vergangenes Jahr vom Innenministerium verboten. Heute ist Michael Brück NRW-Vizevorsitzender der Neonazi-Partei „Die Rechte“, in der sich die ehemaligen Mitglieder verschiedener verbotener ultrarechter Kameradschaften organisiert haben, um ihren Aktionen einen legalen Anschein zu verpassen. Außerdem betreibt er einen Internet-Versandhandel mit dem Namen www.antisem.it, über den er Propagandamaterial, Musik, Pfefferspray und Sturmhauben vertreibt.
Handgemenge im Hörsaal
Die Antifaschist*innen der RUB wollten den Neonazi auch in der Vorlesung erkennbar machen und einen kurzen Redebeitrag im Hörsaal halten. Ein Flashmob aus rund 20 Personen in Weihnachtsmann-Kostümen betrat dafür den Saal in der Bochumer Innenstadt. Doch schon nach kurzer Zeit eskalierte die Situation: „Innerhalb von Sekunden ist der Professor schon ausgerastet. Der hat losgebrüllt, wir sollten den Hörsaal verlassen“, erinnert sich Sarah Milsani*, die an der Aktion teilnahm. „Jemand von uns entgegnete dann wir wären gleich wieder weg, wir bräuchten nur einen kurzen Moment. Trotzdem wurde der Professor direkt handgreiflich“, so Milsani im akduell-Interview weiter. Der Neonazi Brück habe sich über die Unterstützung gefreut und sei währenddessen feixend durch den Saal gelaufen.
In der Berichterstattung nach dem Vorfall wurde nur auf die Gewalt im Hörsaal eingegangen. Fünf Personen sollen leicht verletzt worden sein, darunter Professor Georg Borges. Dieser hatte in einem Interview mit der WAZ angegeben geschlagen worden zu sein. Die Universität stellte sich hinter ihren Professor. „Wir Antifaschist*innen wurden vom Rektor direkt vorverurteilt. Er hat sich nur auf das Wort des Professors verlassen. Das war definitiv ein Fehler, ich hoffe das sieht der Rektor jetzt auch ein“, so Milsani.
Nach der ersten Berichterstattung waren nämlich Handyvideos vom Vorfall im Internet aufgetaucht. Und die legen die Deutung nahe, dass es der Professor war, der in einer völlig friedlichen Situation mit Gewalt reagierte. Auf dem Video ist nämlich zu sehen, wie Professor Georg Borges auf die Teilnehmenden des Flashmobs zustürmt und sie schubst. Anschließend sieht man, wie seine Hände in Richtung Gesicht eines Flashmob-Teilnehmers gingen, und wie er später sogar einen Protestierenden festhält und brutal nach unten drückt. Peinlich für Presse und Rektorat, die es bisher offenbar für unmöglich gehalten hatten, dass die Eskalation von dem Professor ausgegangen sein könnte.
Rektor gibt Neonazi Rückendeckung
Doch nicht nur der Professor bekommt Rückendeckung vom Rektorat, sondern auch Neonazi Michael Brück. Durch die Outingaktion seien die Persönlichkeitsrechte eines einzelnen Studenten verletzt worden, erklärte Rektor Elmar Weiler in einer Stellungnahme. Gegen diese Behauptung wehrt sich Milsani: „Michael Brück ist der stellvertretende Landesvorsitzende der Neonazi-Partei ‚Die Rechte‘. Damit ist er eine Person des öffentlichen Lebens und es ist legal, in Wort und Bild auf ihn hinzuweisen“, so die Aktivistin. Obwohl dies auch der Unileitung bekannt sein sollte, engagierte diese noch am gleichen Abend ein Reinigungsunternehmen, um alle Plakate auf dem Campus entfernen zu lassen.
Verschiedene Aktivist*innen haben sich seitdem noch mehrere Aktionen einfallen lassen, um die Diskussion um den Neonazi nicht versiegen zu lassen. Neben öffentlichen Stellungnahmen wurde eine Rundmail an einen Großteil der Studierenden geschickt, die den Text der Flyer, die auf dem Campus verteilt wurden, enthielt. Erst kürzlich haben unbekannte Sprayer Portraits von Michael Brück auf Flächen auf dem ganzen Campus gesprayt.
„Die Universität ist jetzt definitiv am Zug, Stellung zu beziehen und ganz klar zu sagen, was sie davon hält und was sie gedenkt zu tun“, so Milsani. Ein falsches Zeichen könnte, vor allem im Ruhrgebiet, Folgen haben: „Wir haben hier mit Dortmund eine Stadt, wo sich in den vergangenen Jahren viele Neonazis angesiedelt haben. Brück wird nicht der Einzige sein, der sich an der RUB ausbilden lassen wollen wird“, so Milsani.
*Name von der Redaktion geändert
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