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In Duisburg verdichten sich die Zeichen, dass im Stapeltor 6 in der Altstadt bald ein Soziokulturelles Zentrum eröffnen könnte. Die Initiative „Du erhält(st) Kultur“ ist nur noch eine Beschlussvorlage samt Ratssitzung von der Realisierung der Pläne und der Eröffnung im Herbst 2019 entfernt. Wir waren für euch auf der Pressekonferenz und erklären den Stand der Dinge.
Anfang April ging alles ganz schnell: Im Rahmen der Duisburger Akzente meldete sich Christian Otto bei der Initiative und bot ihr die Räumlichkeiten eines ehemaligen Textilwarenhandels an, um dort ein Soziokulturelles Zentrum zu eröffnen (akduell berichtete). 800 m² Nutzungsfläche für 3.000 Euro Warmmiete bietet Otto der Stadt Duisburg zur Vermietung an; günstiger geht es kaum. Am Dienstag, 4. Juni, lud die Initiative erneut zur Pressekonferenz ein und brachte handfeste Zahlen und Pläne auf den Tisch für zwei Umbauphasen in den kommenden zwei Jahren.

390.000 Euro kalkuliert „Du erhält(st) Kultur“ demnach für den gesamten Umbau, inklusive Miete und Nebenkosten, nachdem das Architektenteam von Dieter Düster ehrenamtlich die Umbaupläne samt Bauantrag erstellt hatte. Von den 390.000 Euro abgezogen werden in der Planung die Architektenleitung, eine Kostenübernahme des Eigentümers, Eigenarbeitsleistungen und Kosten der größtenteils vorhandenen Barrierefreiheit. Rund 180.000 Euro könnte das Soziokulturelle Zentrum so einsparen und das Angebot damit für die Stadt noch attraktiver machen.
Dauerbetrieb nur mit städtischer Ausfinanzierung
Für die erste Umbauphase im sogenannten „Stapel Tief“, dem Untergeschoss der Räume, in dem auch die Pressekonferenz abgehalten wird, betragen die Kosten rund 90.000 Euro. Die Erprobungsphase soll im Juli nach dem Ratsbeschluss starten, sagt Christian Wagemann, der derzeit im Projekt 47 in der Duisburg Innenstadt aktiv ist (akduell berichtete): „Wir haben den ersten Abschnitt hier unten, den wir umbauen und im Herbst eröffnen wollen. Im partizipativen Prozess wollen wir dann mit allen Interessierten der Stadtgesellschaft von hier unten ausgehend den zweiten Abschnitt oben entwickeln.“ Das ist dann das sogenannte „Stapel Hoch“, also das erste Stockwerk. Die Erprobungsphase würde am 1. Juli 2019 starten und bis zum 30. Juni 2020 andauern, die vollständige Nutzung wollen Wagemann und Co. ab Februar 2020 verwirklichen.
Es geht um die Ausfinanzierung des Betriebs nach der Erprobungsphase: „Ein Soziokulturelles Zentrum zu betreiben kostet mindestens 100.000 Euro jährlich bei den Personalkosten. Jetzt haben wir ein Szenario, in dem die Stadt 180.000 Euro für den Umbau zahlen muss und wir viel von der Arbeit ehrenamtlich machen“, sagt Wagemann. Nach der Erprobungsphase soll das Soziokulturelle Zentrum hauptamtlich betrieben werden, mit entsprechend bezahltem Personal, fordert er: „Eine Geschäftsführung, die Kulturschaffenden, aber auch Techniker*innen, Hausmeister*innen, eben die Menschen mit den entsprechenden Kompetenzen. Es wird einen Dauerbetrieb eines soziokulturellen Zentrum nicht ohne diese Mittel geben.“
Zuvor wird die Initiative noch einen Trägerverein auswählen oder neu gründen müssen.Bei der Kulturausschusssitzung am Donnerstag, 6. Juni, wurde das Thema jedoch wieder von der Tagesordnung genommen. Laut Rheinischer Post soll eine Ratsbeschlussvorlage aber trotzdem noch rechtzeitig verabschiedet werden können. Das Kulturdezernant prüft gerade die Pläne, die die Initiative am Dienstag der Presse und zuvor der Stadt vorgelegt hatte. Die politischen Mehrheiten im Stadtrat zeichnen sich nach Ansicht der Initiative derzeit für den städtischen Betrieb eines Soziokulturellen Zentrums ab. Wenn der Antrag verabschiedet wird, liegen schon die weiteren Pläne auf dem Tisch.
Widerständige, demokratische Diskurse
Dazu kommen Projektanträge und weitere freie Mittel, wie etwa die Förderungen, die die Initiative bereits von Land und Bund zugesagt bekommen haben. 28.000 Euro stehen noch zur Verfügung, um ein Programm im Soziokulturellen Zentrum für die Erprobungsphase auf die Beine zu stellen. „Das ist Geld, das wir einsetzen, um Künstler*innen zu bezahlen.“ Grundsätzlich soll es ein Ort werden, um sich zu vernetzen, Gesellschaft unkommerziell möglich zu machen und kritisches Denken anzuregen: „Es gibt kaum Orte, wo junge Menschen sich treffen können, wo Konzerte und Partys unkommerzieller Natur sind und wo sich Leute kreativ einbringen können“, kritisiert er.
„Es gibt kaum Orte, wo junge Menschen sich treffen können, wo Konzerte und Partys unkommerzieller Natur sind.“
Davon wie das inhaltlich aussehen kann, hat Wagemann selbst schon eine Vorstellung: „Ich will hier politische Kulturarbeit machen, um zum Beispiel feministische Diskurse zu führen oder die Frage zu diskutieren, wie wir dem Rechtsruck begegnen, wie wir Menschen an unserer Gesellschaft teilhaben lassen“, sagt er. Dass er dabei von den politischen Mehrheiten der Ratsparteien abhängig ist, ist ihm bewusst: „Natürlich sind wir davon abhängig, dass die Politik sich einig ist, dass das Soziokulturelle Zentrum gewollt ist. Wir sagen aber ganz klar, dass an diesem Ort widerständige Diskurse stattfinden, wie das in einer Demokratie nun mal so üblich ist. Wenn ein Soziokulturelles Zentrum von der Stadt gewollt ist, dann muss sie damit leben, dass sie hier auch kritisiert wird“, schließt Wagemann ab.