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Dortmund: Kurt Piehl-Platz

An der ehemaligen Flensburger Straße/Ecke Brunnenstraße in Dortmund hängt nun ein besonderes Schild. [Foto: Anja Kador]
01.09.2021 15:35 - Helena Wagner

Am nördlichen Teil der ehemaligen Flensburger Straße/Ecke Brunnenstraße in Dortmund hängt seit Montag, dem 23. August, ein neues Straßenschild: Kurt-Piehl-Platz. Der Platz wurde feierlich durch Oberbürgermeister Thomas Westphal und Bezirksbürgermeisterin Hannah Rosenbaum eingeweiht, die Theatergruppe „Löwenherz“ präsentierte eine szenische Lesung aus „Edelweißpiraten – Ein lesender Annäherungsversuch an mutige, heute fast vergessene junge Menschen“. Wer Kurt Piehl war und was es mit den Edelweißpiraten auf sich hat.

Kurt Piehl wurde 1928 in Dortmund geboren. 1941 machte er erste Erfahrungen mit der Gestapo, die bei ihm und seiner Familie schädliches Gedankengut vermuteten und daraufhin bei der Durchsuchung „Aktion gegen Geheimlehren“ die Wohnung durchkämmten. Piehl brachte 60 Kilo Bücher zu seinen Verwandten, sodass die Gestapo bei ihnen nichts mehr fand. 1943 spitzte sich die Situation zwischen ihm und der Polizei zu, da er sich weigerte, zur Hitlerjugend (HJ) zu gehen und damit gegen die „Jugenddienstpflicht“ verstieß.

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Die Edelweißpiraten sind eine heute eher unbekannte Widerstandsgruppe aus der Zeit des Nationalsozialismus. Die Jugendlichen, die aus Arbeiter:innenfamilien kamen und sich dieser Bewegung anschlossen, weigerten sich trotz gesetzlich verordnetem Mitgliedszwang gegen eine Einverleibung in die Hitlerjugend. Aufgrund ihres antiautoritären Verhaltens wurden sie verfolgt und häufig Opfer des Nazi-Regimes.  

Auch Piehl geriet häufig in Prügeleien und Handgreiflichkeiten mit Mitgliedern der HJ. Einen Gestapobeamten verletzte er bei einer Verhaftung mit einem Messer am Bein, weshalb er in der „Steinwache“, auch die „Hölle in Westdeutschland“ genannt, inhaftiert wurde. Die dort erlebte Haft prägte Piehl, er wurde schwer misshandelt. Seine Cousine Magdalena Birnitzer beschrieb ihn nach der Haft so: „Die Haare weg. Er hatte rote Narben im Gesicht.“ Nach dem Krieg ging er zur Deutschen Kriegsmarine und kehrte erst 1949 nach Dortmund zurück.

Autor des Romans „Latscher, Pimpfe und Gestapo“

In den 1960ern entschloss sich Piehl, seine Geschichte in Romanen festzuhalten. Zwar sind die Handlungen der Bücher fiktiv, doch sie enthalten autobiografische Erzählungen. So beschreibt er zum Beispiel die Haft seines Charakters in der Steinwache erschreckend detailreich. Elemente wie diese machen seine Romane zu wichtigen Quellen. Die Aufarbeitung seiner Geschichte und die der Edelweißpiraten ist in Dortmund bisher unzureichend. Zu mehr Aufmerksamkeit soll nun die Platzbenennung verhelfen.

Das Bündnis „Nordstadt gegen Nazis“ hat im August 2020 der Bezirksvertretung einen Antrag zu der Platzbenennung vorgelegt, der im September des letzten Jahres bereits bewilligt wurde. Die Benennung des Platzes zu Ehren von Kurt Piehl ist ein Zeichen gegen den zunehmenden (Neo-)Nationalsozialismus und Antisemitismus in der Nordstadt, die den Ruf hat, die aktivste Neonaziszene in Westdeutschland zu haben. Die Benennung des Platzes soll dem Widerstand Kurt Piehls und dem der Edelweißpiraten gedenken und sie in das Bewusstsein des heutigen Dortmunds rufen.
 

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