LOKALES
2.800 Menschen demonstrierten in Dortmund gegen die Corona-Schutzmaßnahmen. Weil diese auf der Versammlung nicht eingehalten wurden, musste der Start verschoben werden.
„GroKo und Lügenpresse kriegen heute auf die Fresse“, stand auf einem Plakat, das ein Mann und eine Frau auf der Coronaleugner*innen-Kundgebung am 9. August in Dortmund hochhielten. Immer wieder standen Politik und Medien im Fokus der Redner*innen auf dem Dortmunder Hansaplatz. Bis zu 2.800 Menschen hatten sich unter dem Motto „Festival für Frieden und Freiheit“ versammelt. Ihr Anliegen sollte nach eigener Aussage die „Wahrung unserer Grundrechte“ sein, hauptsächlich ging es aber um Verschwörungstheorien, Impfpflicht und Kritik an Politik und Medien.
Nachdem am 1. August Berlin im Fokus der selbsternannten „Corona-Rebellen“ stand, war an diesem Wochenende Dortmund an der Reihe. Aus dem gesamten Bundesgebiet waren die Teilnehmenden der Versammlung angereist – die wenigsten stammten überhaupt aus Dortmund. Zur Demonstration in Berlin waren rund 17.000 Menschen erschienen und hielten sich nicht an die erforderlichen Sicherheitsabstände und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung. Damit sich diese Situation in Dortmund nicht wiederholt und auch angesichts der steigenden Zahl von Neuinfektionen, kündigte die Dortmunder Polizei eine klare Linie an. Der Leitende Polizeidirektor Udo Tönnjan erklärte:„Die Beachtung der Hygiene- und Infektionsschutzregelungen auch auf öffentlichen Versammlungen ist alternativlos. Gegen gesundheitsgefährdendes Verhalten werden wir entschlossen und konsequent einschreiten.“
Demonstrant*innen ignorieren Schutzmaßnahmen
Der Demonstration wurde deshalb die Auflage erteilt, dass sich die Menschen maximal in Zehnergruppen aufhalten dürfen und ein Einhalten der Abstände gewährleistet sein muss. Dazu wurde die Kundgebung auf den Hansaplatz verlegt, da auf dem ursprünglich angedachten Versammlungsort nicht ausreichend Platz vorhanden war. Dennoch ignorierten die Demonstrierenden die Schutzmaßnahmen: Abstände wurden nicht eingehalten und auch das Tragen von Schutzmasken wurde konsequent abgelehnt. Die Polizei entschied sich deshalb, die Kundgebung nicht starten zu lassen, bis die Abstände nicht zumindest ansatzweise eingehalten werden. Dies war erst nach rund 45 Minuten der Fall. Die Polizei musste dazu mehrfach auf die Veranstalter*innen einwirken, damit diese die Forderungen der Polizei umsetzten.
Organisiert wurde die Kundgebung von „Querdenken“-Gruppen aus Dortmund, Duisburg und Miltenberg. Wer die „Querdenker“ selbst sind, ließe sich nicht einfach zusammenfassen, resümiert die Autonome Antifa 170: „Es wäre zu einfach, alle Teilnehmer*innen als extrem Rechte zu bezeichnen. Doch eine Distanzierung von rechten Ideologien bleibt aus.“ Dies wurde auch dadurch deutlich, dass Mitglieder der neonazistischen „Bruderschaft Deutschland“ die Demonstration besuchten. Diese war in der Vergangenheit immer wieder durch gewalttätige Übergriffe aufgefallen.
Abstände wurden nicht eingehalten und auch das Tragen von Schutzmasken wurde konsequent abgelehnt.
Trotz der heterogenen Masse auf dem Hansaplatz bilanziert Kim Schmidt von der Autonomen Antifa 170: „Die vielfältigen Verschwörungserzählungen sind es, die Impfgegner*innen, Rechte, Esoteriker*innen, Antisemit*innen und Wissenschaftsfeind*innen mit lediglich verunsicherten Menschen zusammenschweißen.“ Von der Bühne wurden unter anderem die Thesen verbreitet, dass es keine Corona-Toten in Deutschland gegeben habe und das Virus und die Pandemie harmlos seien. Thesen, die sich mit einem Blick auf die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) leicht widerlegen lassen. Das RKI meldete bisher 216.327 Infizierte und 9.197 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus (Stand: 10. August).
Polizei zieht positive Bilanz
Polizeiführer Udo Tönjann, bewertete das Versammlungsgeschehen positiv: „Wir haben im Vorfeld der Demonstration betont, dass die Beachtung der Hygiene- und Infektionsschutzregelungen auch auf öffentlichen Versammlungen alternativlos ist - und konsequentes Vorgehen angekündigt. Dies haben wir bereits vor Beginn der Demonstration in die Tat umgesetzt.“ Größere Vorkommnisse habe es nicht gegeben, so die Polizei. Auf der Kundgebung war es lediglich zu einigen kleineren Konflikten zwischen Journalist*innen und Versammlungsteilnehmenden gekommen.
Letztere machten aus ihrer Abneigung gegenüber der Presse keinen Hehl. Häufig wurden unerlaubte Portraitaufnahmen der Journalist*innen angefertigt. Auf Nachfrage, warum sie das tun, wollten viele nicht antworten. Auch auf der Bühne wurde immer wieder gegen „die Medien“ gehetzt. Diese würden nur Lügen verbreiten und seien von ominösen Eliten und der Politik gekauft. Erwünscht waren lediglich der russische Staatssender RT und zahlreiche selbsternannte „alternative Medien“ – darunter auch der wegen Volksverhetzung verurteilte YouTuber Nikolai Nerling, der immer wieder Gast auf Neonazidemonstrationen ist.