LOKALES
Ich liebe es, in Cafés zu gehen. Es fühlt sich immer ein bisschen an wie Urlaub – selbst Arbeiten verliert seinen Pflichtcharakter, wenn man dabei in einem gemütlichen Sessel sitzt und an einem Chai Latte schlürft.
Das Problem: In Duisburg Neudorf gibt es kaum Cafés. Zumindest keine, die meine Ansprüche erfüllen. Die Einrichtung soll gemütlich und nicht von der Stange sein und die Preise erschwinglich. Im besten Fall kann man im Sommer draußen sitzen. Kann eigentlich nicht so schwer sein, denk ich mir. Jedenfalls bin ich geradezu hyped, als ich höre, dass ein neues Café in Uninähe eröffnet hat: Café Edel auf der Mühlheimer Straße 97a.
Realitätscheck
Der riesige, helle Raum mit den hohen Decken erinnert mich an eins dieser großen Gewächshäuser, wie sie in botanischen Gärten stehen. Da sind das zu großen Teilen verglaste, spitz zulaufende Dach, die Fenster, die vom Boden bis zur Decke reichen, die vielen Pflanzen, der Dschungel-Print und die botanischen Zeichnungen an den Wänden. Als Raumtrenner dienen ein betagtes Klavier und alte Holzschränke mit vielen schmalen Schubladen, in denen früher Setzbuchstaben lagerten – ein Relikt aus den Zeiten, in denen hier noch eine Druckerei war. Darauf reihen sich Pflanzen. An einer Säule hängt ein Telefon aus den 70er Jahren.
Funfact: Als kleines Mädchen richtete Co-Besitzerin Gaye mit ihren Freund:innen erst einen Keller und dann eine ganze Dachgeschosswohnung in leerstehenden Häusern im Duisburger Norden mit zurückgelassenen Möbeln ein. Als Erwachsene habe sie sich dann kernsanierungsbedürftige Wohnungen gesucht, um sie nach ihren Vorstellungen zu erneuern. Dieser Spleen brachte sie dazu, eine ehemalige Druckerei in ein Café umzubauen – zu großen Teilen in Eigenregie mit ihren Freund:innen.
Untypisch für die Cafés, die ich kenne, gibt es hier nicht viele kleine Sitzgruppen, sondern mehrere lange Holztische, an denen jeweils um die zehn Leute Platz haben. Das soll die Gäste zusammenbringen, auch junge und alte, erzählt mir Gaye: „Fremde sollen kommen und mit einem Gefühl wie von einer Familienfeier rausgehen.“ Für wen das nicht so verlockend klingt: Es gibt auch die eine oder andere Sitzgelegenheit, die einem traute Zweisamkeit lässt. Aber ich find‘s cool – ich habe das Gefühl, dass Gäste hier nicht einfach nur Kund:innen sind. Liegt wohl auch daran, dass das Ganze keinem strengen Businessplan folgt, sondern vielmehr die logische Konsequenz aus Gayes Leidenschaft ist, Gastgeberin zu sein und an einem Abend bis zu 16 befreundete Familien mit französischen Gerichten zu bekochen. Gepaart mit den „sauleckeren“ Cocktails, die ihr Kumpel Dirk in diesen Runden servierte, entstand die Idee, das Ganze in großem Stil aufzuziehen.
Apropos Cocktails. 9,50 € kostet der “Ananas Express” auf der Tageskarte, nicht gerade ein Happy-Hour-Preis. Zur Erklärung zeigt mir Gaye eine hauchdünne, getrocknete Ananasscheibe, die mit Hibiskusblütenpollen besprenkelt ist – selbst hergestellt von Dirk. „Er fermentiert, siebt, püriert, das geht hier stundenlang, für einen Cocktailabend bereitet er tagelang vor. Dafür sind die Cocktails geschmacklich super spannend und auf Gourmetniveau.“
Nach meinem Plausch mit Gaye teste ich mit einer Freundin wetter- und steckdosenbedingt verschiedene Draußen- und Drinnenplätze und natürlich das Menü. Mit 2,80 € für einen Cappuccino, 2,50 € für ein Köpi und 3,50 € für den leckeren Apfelkuchen sind die Preise hier echt student:innenfreundlich. Als ich das Edel nach dreieinhalb Stunden wieder verlasse, hat Duisburgs Café-Problematik für mich deutlich an Brisanz verloren.
Was dich im Café Edel erwartet, siehst du in der Fotostrecke.