KULTUR
Der kurdische Folk-Musiker Mem Ararat sollte mit seiner Band im Dezember zwei Konzerte im Ruhrgebiet geben. Doch Ende November verkündete eine Pressemitteilung vom Theater an der Ruhr in Mülheim: „Die Konzerte am 11. Dezember im Pumpenhaus, Münster und am 12. Dezember im Theater an der Ruhr, Mülheim, müssen kurzfristig abgesagt werden." Der Grund: Die Deutsche Botschaft in Ankara verweigerte dem Gitarristen Deniz Kaya und dem Perkussionisten Azad Yılmaz aus Ararats Ensemble das Visum.
Die Visa-Stelle der Deutschen Botschaft verweist auf den angeblich „mangelnden Nachweis der Verwurzelung" der beiden Musiker in ihrer Heimat. Dabei hatten Kaya und Yılmaz die verlangten Dokumente zu „bestehender Verwandtschaft, Familie und Grundeigentum" wie gefordert beigebracht, um ihr lediglich fünftägiges Visum zu erhalten, erklärt das Theater an der Ruhr. Auch das örtliche Goethe-Institut habe informell bei den Behörden interveniert, konnte sie aber nicht überzeugen, doch noch die beiden fehlenden Visa auszustellen, so das Theater.
Mem Ararat ist in der Türkei für seine kurdisch-oppositionelle Haltung bekannt.
Für Frontmann Mem Ararat war klar: Ohne seine Kollegen Kaya und Yılmaz wird er nicht auftreten. „Wir sind traurig, dass wir nicht für unser deutsches Publikum spielen können, und bestürzt über die Entscheidung der Deutschen Botschaft", erklärt Ararat. „Das Leben für kurdische Musiker in der Türkei ist in diesen Tagen nicht einfach – durch solche allem Anschein nach willkürlichen Entscheidungen wird es noch härter."
Weitere grundlose Ausreiseverweigerungen
Warum gerade kurdische Musiker kein deutsches Visum bekommen, dürfte mit der angespannten Situation zwischen der von Präsident Erdoğan geführten Türkei und den Kurd*innen zusammenhängen. Die Türkei schikaniert Kurd*innen im eigenen Staatsgebiet – besonders die, die sich politisch oder kulturell gegen die türkische Politik engagieren. Außerdem marschierte das türkische Militär im Oktober in die kurdisch verwalteten Gebiete in Nordsyrien ein. Seither kommt es auch in Deutschland immer wieder zu Gewalt zwischen kurdischen und türkischen Demonstrant*innen.
Theater organisieren Ersatz
Mem Ararat ist in der Türkei für seine kurdisch-oppositionelle Haltung bekannt. „Zuletzt ist er wiederholt Opfer von willkürlicher Auftrittsverboten geworden", so die Pressemitteilung des Mülheimer Theaters. „Für internationale Schlagzeilen sorgte im August 2018 etwa die Absage eines seiner Konzerte im kurdisch geprägten Diyarbarkir durch den türkischen Gouverneur der Region – ohne weitere Begründung."
Die beiden Theater, in denen Ararat auftreten sollte, organisierten rasch einen ebenfalls kurdischen Ersatz: Mehmet Atlı und seine Band spielten Songs, die sie hauptsächlich auf Basis kurdischer Volkslieder komponiert haben – eine Entscheidung mit politischem Hintergrund. Die beiden Konzerte widmete Atlı übrigens seinem Kollegen Mem Ararat.