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KULTUR

Album des Monats: Paramore - „This Is Why”

Das neue Album „This Is Why” der Band Paramore erschien am 10. Februar.
[Foto: Anna Olivia Böke]
07.03.2023 15:35 - Anna Olivia Boeke

Am 10. Februar erschien das sechste Studioalbum der seit fast zwei Dekaden aktiven Band Paramore. Einst als Emo-Held:innen gefeiert, hat sich die mittlerweile nur noch dreiköpfige Gruppe zu einer der größten Bands des Alternative Pop Rock Genres weltweit entwickelt. Seit über zehn Jahren bewegen sie sich auf der Spitze des Erfolgs und sind nun nach einer längeren Pause mit ihrem vielleicht stärksten Album aller Zeiten zurückgekehrt.

Ihre Twilight-Soundtrack-Tage haben Paramore schon längst, spätestens aber 2017 mit dem Vorgänger-Album „After Laughter”, hinter sich gelassen. Wie so viele in meinem Alter hat mich die Band mit ihrem Pop Punk durch meine Jugend begleitet. Die klangliche Entwicklung, die diese Band hingelegt hat, begeistert mich aber noch immer. In zehn Songs erkunden Sängerin Hayley Williams, Gitarrist Taylor York und Drummer Zac Farro mit viel Ehrlichkeit und Einsicht die Schwierigkeiten des modernen Lebens: Das Navigieren durch einen Sumpf an Nachrichten, stets umspült von Informationen, dem Wunsch, zu helfen, dabei an einem an sich überforderndem Leben zu scheitern und dem Gefühl, immer hinterher zu sein. Ein Album, das die Zerrissenheit unserer Zeit und Generation perfekt einfängt. 

Los geht es mit dem Titeltrack „This is Why”, in dem Williams erklärt, wie ihr die ständigen Meinungen und Nachrichten manchmal die Lust nehmen, das Haus zu verlassen. „This is why I don’t leave the house” singt sie im Chorus über freche Gitarren und Bass-Läufe – mehr relatable geht es kaum. Der Song schafft es außerdem, seine Funkiness im Chorus mit einer Rotzigkeit zu verbinden, sodass selbst ich dazu angeregt werde, mich zu bewegen. 

Auf den Titeltrack folgt die als zweites veröffentlichte Single „The News”. Ihr Sound lässt mich durch die Anlehnung an das 2009 veröffentlichte Album „Brand New Eyes” nostalgisch werden. „Running Out of Time” handelt von der schlechten Angewohnheit der Sängerin, ständig zu spät kommen, immer mit einer Ausrede im Gepäck. Das Musikvideo zu dem Song, passend zum Thema Zeit, gleicht einem Alice-im-Wunderland-esquen Fiebertraum.

Den vierten Song „C’est Comme Ça” hätte man meiner Meinung nach weglassen können. Er ist sehr kurz und stressig. Vielleicht liegt es aber vor allem an meiner Aversion gegen französische Phrasen und Sätze in englischen Songs, besonders wenn die Aussprache sich eher nach „Say comme ca” anhört. Für den Song habe ich jedenfalls die Skip-Funktion in Spotify aktiviert, sodass der Song ausgegraut bleibt und mein Album-Hörerlebnis nicht stört. 

Der Aufstieg nach dem Fall

Danach geht es nur noch bergauf. „Big Man, Little Dignity” ist einer meiner Favoriten des Albums. Eine Flöte und Holzbläser, die fast wie ein Synth klingen, legen im Intro einen Klangteppich aus. Die Flöte, die in der Mythologie oft mit Weiblichkeit verbunden wird und in der Klassik die Frauenstimme repräsentiert, ist hier ein cleveres Stilmittel, da es im Song um angestaute weibliche Wut geht. An dem folgenden Gitarrenriff von York kann ich mich einfach nicht satt hören. Williams schafft es, anhand einer einzigen Zeile im Chorus („No offense, but you, you got no integrity”) den „Female Rage” zu vertonen. Sie singt das „No” mit einer Kraft , dass sich ihre Stimme überschlägt und im nächsten Moment mit einer Flöten-ähnlich zarten Melodie weiter singt, dass man fast Gänsehaut bekommt. Das ist die Vertonung des Gefühls, als Frau Wut zu spüren und sie im nächsten Moment runterschlucken zu müssen oder sie schön zu verpacken, damit sie akzeptabel ist.

„You Fist” und „Figure 8” markieren die zweite Hälfte des Albums und halten die Energie genau da, wo sie ist, ohne dass es an interessanten Riffs, Drum Fills und Melodien mangelt. Mit „Liar” fährt das Album langsam runter und lullt die Zuhörer:innen vor dem großen Finale in sanfte Klänge ein. 

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Der vorletzte Song „Crave” ist ein weiterer Favorit. Es geht um die Schwierigkeit, sich wirklich im Moment zu befinden und nicht durch das Romantisieren von Zukunft und Vergangenheit abzulenken. Dieser Song ist der perfekte Soundtrack, um mit eurem Main-Character-Komplex in der Stadt spazieren zu gehen. Ein Song, den man nachts um zwei angetrunken auf dem Nachhauseweg hört und vielleicht ein, zwei Tränen vergießt, aber nicht, weil man traurig ist, sondern gerade im Moment ist und in einem Zustand, bei dem sich Melancholie und Euphorie vermischen. 

Mit „Thick Skull” gibt es den perfekten dramatischen Abgang für das Album und eine letzte Zurschaustellung von Hayley Williams zurecht hochgepriesenen, kraftvollen Vocals. Auch lyrisch wird hier noch einmal alles übertrumpft mit Zeilen wie „I am a magnet for broken pieces [...] I pick 'em up and now my fingers are bleeding and it looks like my fault.” 

Dieses Album ist eines der besten der letzten Jahre und vielleicht sogar mein Lieblingsalbum der Band. Man muss nicht wie ich mit 13 religiös den Song „I Caught Myself” gehört haben, um dieses Album zu lieben. Ich war auch kein besonders großer Fan des letzten Albums, aber dieses schafft es, ein Gesamtbild aller klanglichen Facetten, die Paramore bis jetzt an den Tag gelegt haben, einzufangen. Laut einem ihrer Interviews war das ihr bis dato kollaborativstes Album – und das hört man auch. Ich kann es nur allen ans Herz legen, sich dieses Meisterwerk anzuhören. 

Ich gebe dem Album 4 ½ von 5 Sternen.

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