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GESELLSCHAFT

One Way Ticket nach Mittelamerika

Eines der sieben Weltwunder der Moderne, Chichén Itzá, ist in Mexiko zu bewundern. [Foto: Saskia Ziemacki]

07.11.2021 09:01 - Saskia Ziemacki

Unsere Redakteurin steht kurz vor ihrem Masterabschluss und fragt sich immer wieder: Muss sie sich bald einen Job suchen, in dem sie für den Rest ihres Lebens festsitzt? Bevor sie sich mit ihrer Zukunft auseinandersetzt, braucht sie Urlaub und entscheidet sich, mit einem Freund nach Mexiko zu fahren. Die meisten Leute, die sie dort kennenlernt, haben allerdings nicht vor, so schnell wieder in ihre Heimat zurückzukehren.

Eine Kolumne von Saskia Ziemacki

Wir wollten weit weg von zu Hause, abschalten und nur im Moment leben. Mexiko schien uns ein idealer Ort dafür. Nur mit Handgepäck gewappnet, starten wir in ein dreiwöchiges Abenteuer. Als wir aus dem Flieger steigen, erschlägt uns eine Hitzewand. Doch trotz enorm langem Flug macht das tropische Klima direkt gute Laune. Wir sind endlich da, am anderen Ende des Ozeans. Auf dem Weg zum Hostel in Cancún fahren wir durch tiefgrüne Vegetation, bestückt von Kokospalmen und Bananenpflanzen. Dort angekommen sind wir direkt an der Karibikküste. Das türkisblaue Meer rauscht, Möwen und Pelikane veranstalten einen wilden Tanz darüber. Der feine weiße Sand klebt am feuchten Körper und lässt sich selbst im 30 Grad warmen Meer kaum abwaschen.

Wir lernen sofort Leute im Hostel kennen. Viele reisen alleine oder zu zweit und sind auf der Suche nach Menschen, mit denen sie eine gute Zeit vor Ort haben oder sogar weiterreisen können. Unsere Route haben wir im Vorhinein nicht geplant, also schließen wir uns kurzerhand einigen Leuten an. Auf unsere Antwort auf die Frage, wie lange wir denn unterwegs sind, reagieren fast alle gleich: „Nur drei Wochen? Also macht ihr nur Urlaub und reist nicht.“ Obwohl wir die gleiche Strecke abfahren, wie die anderen in derselben Zeit, zählt es für sie nicht als Reisen. Es wird „nur“ als Urlaub degradiert. Es ist nicht böse gemeint, die Leute sind offen und freundlich, doch sind sie meist für mindestens drei Monate unterwegs. Die meisten von ihnen haben nicht mal ein Rückflugticket gebucht.

Ein unbeschwertes Leben?

„Ich arbeite so lange, bis ich wieder genug Geld gemacht habe, um auf unbestimmte Zeit zu reisen“, erzählt mir Ciaran aus Irland. Ebru aus der Türkei ist gerade mit ihrem Studium fertig und reist, bis sie keine Lust und kein Geld mehr hat. Je tiefer wir ins Inland fahren, weg von den touristischen Orten, desto mehr Leuten begegnen wir, die nicht mal mehr „nur“ reisen, sondern alle Zelte in ihrer Heimat abgebrochen haben und jetzt in Mexiko leben. „Das Wetter, die Mentalität, der Strand – einfach alles ist entspannter. Man braucht hier nicht viel, um glücklich zu sein“, verrät mir Paul aus England, der sich nun Pablo nennt.

Ich staune nicht schlecht bei seinem Werdegang. Seit fünfzehn Jahren war er nicht mehr in England. Er hat in Peru ein Hostel eröffnet und versucht jetzt sein Glück in Mexiko. Was er genau machen will, weiß er noch nicht. „Man findet immer irgendetwas, um hier Geld zu verdienen und das Leben kostet nicht viel“, weiß Pablo. Eine Nacht im Hostel kann man für vier bis zehn Euro buchen. Eine wesentlich geringere Monatsmiete als in England.

One Way Ticket Kolumne 2.JPGMexiko hat mit seinen Bergen, Dschungel und traumhaften Karibikstränden alles zu bieten. [Foto: Saskia Ziemacki]

Doch es gibt auch weniger schöne Erlebnisse, die mir ein dauerhaftes Leben in Mexiko unvorstellbar erscheinen lassen. Das Drogenkartell und eine korrupte Polizei sind überall präsent. Wir gelangen mit unserem Mietwagen in eine Straßenblockade des Kartells. Ein schwarz gekleideter Mann mit kugelsicherer Weste und Maschinengewehr will von uns wissen, wo wir herkommen, was wir vorhaben und welche Nationalität wir haben. Er beugt sich weit ins Fenster und bedeutet mir, meine Sonnenbrille abzunehmen. Ich schaue ihm direkt in die Augen und mein Herz rutscht in die Hose. Er lehnt sich wieder zurück, bespricht mit seinem Kollegen etwas auf spanisch und gibt uns ein Handzeichen, dass wir weiterfahren können. Noch kilometerlang sind wir wie in einer Schockstarre gefangen.

Sicherheit – ein Gefühl, das ich nicht missen möchte. Man hat nicht alles in der Hand, aber man lernt, sich richtig zu verhalten, sich anderen Reisenden anzuschließen und ihre Erfahrungen zu beherzigen. Ich fühle mich von all den Menschen und ihren Geschichten inspiriert. Man ist dort eine Gemeinschaft, hat einen gemeinsamen Nenner: Was hat man schon gesehen, wo geht es als nächstes hin und was hat einem am Besten gefallen? Man schwärmt und träumt gemeinsam. Durch die extremen Eindrücke, die man in einer kurzen Zeit bekommt, hat man das Gefühl, intensiver zu leben. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man diesen Rausch nicht so schnell aufgeben will.

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