GESELLSCHAFT
Erneut erschütterte ein rechter Terroranschlag die Bundesrepublik. In Hanau erschoss ein Täter zehn Menschen. Zu den Tatorten gehörten auch zwei Shishabars. Am vergangenen Samstag demonstrierten deshalb rund 6.000 Menschen in der Hanauer Innenstadt. Sie wollten ein Zeichen gegen Rassismus und für Solidarität setzen.
Ferhat Unvar.
Gökhan Gültekin.
Hamza Kurtović.
Said Nessar Hashemi.
Mercedes Kierpacz.
Sedat Gürbüz.
Kalojan Welkow.
Vili Viorel Păun.
Die Menschen auf dem Hanauer Freiheitsplatz rufen die Namen der Opfer des rechten Terroranschlags. Zwei Namen sind ihnen noch nicht bekannt. Bei ihnen handelt es sich um Fatih Saraçoğlu und die Mutter des Täters. Dieser hatte am 19. Februar, geleitet von einem rechten und rassistischen Weltbild, in Hanau zehn Menschen ermordet und sich selbst getötet. Doch seine Geschichte soll nicht im Mittelpunkt stehen, so die Organisator*innen der Demonstration.
„Wir sind diejenigen, denen man zuhören muss“
„Wir haben uns hier versammelt, weil wir als Migrant*innen sagen: Wir nehmen uns in unserer Stadt das Mikrofon. Wir sind diejenigen, die seit Jahren unter Beschuss stehen. Wir sind diejenigen, denen man zuhören muss“, erklärt Newroz Duman auf der Bühne der Auftaktkundgebung. „Heute ist der Tag, an denen wir den Angehörigen zuhören, an dem wir den Freundinnen und Freunden zuhören.“ Statt Oberbürgermeister*innen oder Mitgliedern des Bundestages kommen an diesem Tag migrantische Organisationen, Angehörige der Opfer und Betroffene von Rassismus und rechter Gewalt zu Wort.
Duman beschreibt Hanau als Stadt der Integration: „Wir hatten bis vor ein paar Tagen das Gefühl, hier keine Angst haben zu müssen und uns nicht verstecken müssen.“ Das habe sich jetzt geändert, sie sind angegriffen worden. Auch ein Angehöriger betont: „Diese Tat ist eine Tat gegen uns alle. Wir müssen in diesen schweren Stunden noch weiter zusammenwachsen. Wir müssen diesem Rassismus und Faschismus ein Ende setzen.“
Das Morden geht weiter
Die Stimmung am Freiheitsplatz ist bedrückend. Die Menschen halten Schilder mit den Namen der Opfer hoch und zeigen Fotos von ihnen. Auf der Bühne ringt Patrycja Kowalska um Worte. Sie liest Trauerbekundungen von Angehörigen der Opfer des Terrornetzwerks „NSU“ und Opfern anderer rechter Terroranschläge vor.
Osman Taşköprü, der Bruder des in Hamburg vom „NSU“ ermordeten Süleyman Taşköprü, sagt: „Leider geht das Morden weiter, weil solche Leute geduldet werden und nichts unternommen wird.“ Der Überlebende des „NSU“-Bombenanschlags in Nürnberg, Mehmet O., fordert: „Der Staat soll endlich aufwachen und den Terror verhindern.“
2006, 5 Jahre vor der Selbstenttarnung des „NSU“, forderten Angehörige der „NSU“-Opfer bei Trauermärschen, dass es kein zehntes Opfer geben dürfe. „Heute haben wir zehn weitere Opfer zu beklagen und mir wird erneut schmerzlich klar: Wir werden nie einen Schlussstrich ziehen können. Wir dürfen nie wieder wegsehen, nie wieder vergessen und nie wieder schweigen“, berichtet Kowalska. An der Bühne hängen Plakate mit einer langen Liste an Namen. Auf ihnen steht: „Nazi-Morde seit 1989. Mindestens 312 Nazi-Morde erwiesen, Hunderte werden noch ,untersucht‘.“
Die Namen der Opfer nicht vergessen
Mit rund 6.000 Menschen zieht die Demonstration durch die Hanauer Innenstadt. Auf dem Fronttransparent sind Fotos der Opfer des Anschlages zu sehen und „Faschismus und Rassismus töten überall!“. Dahinter tragen Menschen Schilder mit der Aufschrift „Say their Names!“. Ferhat Ünvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Said Nessar El Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kalojan Welkow, Vili Viorel Păun. Immer wieder sind die Namen der Opfer zu lesen, auch als die Demonstration den ersten Tatort passiert. Ihre Namen sollen nicht vergessen werden, so die Forderung der Demonstrant*innen.