CAMPUS
Die Universität Duisburg-Essen (UDE) bietet den Master of Arts Sozioökonomie am Duisburger Campus an. Der Studiengang startete zum Wintersemester 2019/20 an der UDE. Wir haben nachgehakt, was es mit dem speziellen Studiengang auf sich hat, und stellen ihn euch vor.
Zum Wintersemester 2021/22 beginnt nun der dritte Jahrgang des Masterstudiengangs. Verantwortlich für das Fach ist das Institut für Sozioökonomie (ifso), das an der Fakultät für Gesellschaftswissenschaften der UDE angesiedelt ist. Gerade im Ruhrgebiet und in NRW ist der Studiengang in seiner Form einzigartig, in anderen Bundesländern und in Großbritannien gibt es an einigen Universitäten vergleichbare Master.
Jakob Kapeller ist Professor für Sozioökonomie und seit Ende Juni 2021 Geschäftsführender Direktor am ifso. Er berichtet von einer großen Nachfrage für den neuartigen Studiengang an der UDE. In den ersten beiden Jahren gab es einen so hohen Andrang, dass der Master zu diesem Semester zulassungsbeschränkt ist. Für den Master stehen jährlich 60 Studienplätze zur Verfügung.
Doch was sind die Inhalte, die der Masterstudiengang vermittelt? „Die Sozioökonomie ist das Studium wirtschaftlicher Prozesse. Im Unterschied zu herkömmlichen VWL würden wir sagen, dass diese Prozesse immer in einem gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Kontext eingebettet sind“, erklärt Kapeller. Der Studiengang sieht sich daher als Schnittstelle von Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. „Wir versuchen verschiedene Disziplinen zusammenzubringen, insbesondere Politikwissenschaft, Soziologie und VWL. Aber auch ein bisschen Geschichte und Philosophie, damit am Ende ökonomisch gebildete Universalgelehrte dabei rauskommen.“
VWL und Wirtschaftswissenschaften neu denken
Die UDE bietet bereits den Master Volkswirtschaftslehre in Essen an. Wieso es mit der Sozioökonomie einen zusätzlichen Studiengang braucht, erklärt der ifso-Direktor: „Unser Wirtschaftssystem bringt ein paar Widersprüche mit sich, die wir nicht so recht auflösen können, wie Klima und Ressourcenverbrauch, steigende Ungleichheiten in reichen Ländern und zwischen den Ländern.“ Laut Kapeller gibt es ein steigendes Bewusstsein dafür, dass die traditionelle VWL eine gewisse theoretische und methodische Engführung hat und daher andere ökonomische Denkschulen außer Acht lässt.
Kapeller sieht die Engführung der gegenwärtigen VWL –die auf der zentralen Definition der Knappheitsfrage beruht – kritisch. Ressourcen sind knapp und endlich, daher steht ihre optimale und effiziente Nutzung im Vordergrund. Die Knappheitsfrage bestimmt alles weitere Vorgehen und lässt Aspekte wie beispielsweise Auswirkungen für Natur und Gesellschaft außen vor. Im Studium der Sozioökonomie ist das anders, hier werden verschiedene Denkschulen und Ansätze der Ökonomie gelehrt, um Alternativen zu neoklassischen Ansätzen zu bieten. „Wir haben einen starken Fokus auf evolutionärer und postkeynesianischer Ökonomie ,unterrichten aber auch andere Denkschulen wie ökologische, marxistische, feministische und natürlich auch neoklassische Ökonomie“, erklärt der ifso-Direktor. Es werde klargemacht, wo die Stärken und Schwächen der Theorien liegen und welche für das vorliegende Problem brauchbar sind.
Gut ausgebildet und schlagfertig
Während seitens VWL-Studierender oft zu hören ist, dass das Studium „trocken” sei, hat die Auseinandersetzung mit Problemstellungen und die Anwendbarkeit des Gelernten im Master einen hohen Stellenwert. „Unser Anspruch ist es, Leute auszubilden, die in professionellen Diskurs mit VWLern treten können. Wir müssen daher auf der Ebene der Methoden die Leute mit dem entsprechenden Werkzeug versehen“, verdeutlicht Kapeller.
Mit dem Masterabschluss in Ökonomie bestehen gute Jobchancen, da Generalist:innen mit interdisziplinärem Wissen in der Wirtschaft gefragt sind. Typische Berufsfelder sind Verbände, NGOs, die Privatwirtschaft und die öffentliche Verwaltung. „Der Studiengang eröffnet einem Chancen und Handlungsmöglichkeiten in sehr unterschiedlichen Bereichen und Tätigkeitsfeldern“, hebt Kapeller die Flexibilität der zukünftigen Absolvent:innen hervor.
Die Rückmeldung der Studierenden aus dem ersten Jahrgang ist laut Kapeller sehr positiv, sie sind zufrieden mit der Lehre und dem Studiengang. Es gibt eine selbstorganisierte Studierendengruppe – das „Studibündnis“ – die sich bemüht, den Lehrenden objektives Feedback zum Studiengang zu geben. Der ifso-Direktor ist optimistisch, dass der Studiengang weiterhin seitens der Studierenden gut angenommen wird. „Wir haben den Eindruck, dass wir das bei den Ersten gut hinbekommen haben. Aber wir lernen natürlich jedes Semester etwas dazu, wie man das noch besser managen kann.“