Studentische Monatszeitung für Duisburg, Essen und das Ruhrgebiet

CAMPUS

SCHLAU - ein Ehrenamt neben dem Studium

Elli engagiert sich neben ihrem Studium ehrenamtlich beim Projekt SCHLAU. [Illustration: Eva-Charlotte Vonhof] 06.03.2022 16:54 - Magdalena Kensy

In Deutschland haben 2021 etwa 16 Millionen Menschen eine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt. Elli ist Studentin und engagiert sich freiwillig für das Gemeinwesen. Sie ist bei dem Projekt SCHLAU aktiv und berichtet, was das Ehrenamt für sie so wichtig macht.

Elli ist 23 Jahre alt und wohnt seit Oktober 2021 in Essen. Sie ist für ihren Master in Psychologie ins Ruhrgebiet gezogen. Zuvor hat sie ihren Bachelor in Bonn gemacht. „In Essen kann man Psychologie mit pädagogischem Schwerpunkt machen. Da mich das so interessiert, dachte ich, das ist eine gute Wahl.“ Neben ihrem Studium engagiert sich Elli ehrenamtlich bei SCHLAU. „Das ist ein Anti-Diskriminierungsprojekt. Wir machen Workshops in Schulklassen, vor allem zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Ich habe in Bonn damit angefangen und seit ich in Essen wohne, bin ich in Gladbeck tätig“, erzählt sie begeistert.

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Hinter SCHLAU steckt das Queere Netzwerk NRW. SCHLAU NRW ist ein landesweites Netzwerk von lokalen Gruppen. „Es ist so eine Art Dachstruktur, die uns Qualitätsstandards und Schutzkonzepte gibt“, erklärt Elli. Zum Landesnetzwerk NRW gehören 19 Standorte. Zusätzlich gibt es Projektgruppen in Hessen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Elli wirkt leidenschaftlich, als sie über ihr Engagement bei SCHLAU berichtet. Seit fast fünf Jahren ist sie dabei. Auf ihre Arbeit und das gesamte Projekt blickt sie mit Stolz.

Die Projektgruppe in Gladbeck besteht aus fünf Personen inklusive Elli. „Je mehr Personen es sind, desto leichter ist es auch, Workshops zustande zu kriegen.“ Wie Projekte entstehen, läuft jedoch immer gleich ab. Lehrkräfte kommen auf die Ortsgruppen von SCHLAU zu und bitten um einen Workshop. Die Gründe, warum sich Lehrer:innen an SCHLAU wenden, sind unterschiedlich: „Manchmal weil es Mobbing in der Klasse gab, oder um den Biounterricht zu ergänzen. Wir machen keine Aufklärung, sondern es geht um Diskriminierungspräventation.“ Bei SCHLAU haben alle Mitglieder eine eigene Outing-Geschichte hinter sich. Gerade das zeichne SCHLAU aus, erklärt Elli mit Überzeugung.

In ihren Workshops vermittelt Elli queere Themen: „Was heißt hetero-, bi- und dann auch eine Ausweitung auf trans- und inter-. Danach gibt es inhaltliche Methoden, um in eine Diskussion zu kommen oder das Verständnis zu vertiefen.“ Im Bereich der sozialen Medien und der Politik empfindet Elli eine Spaltung, denn laut ihr werden immer zwei Seiten dargestellt, die aufeinandertreffen. „Aber in diesen Klassen merke ich, es gar nicht immer diese zwei krassen Seiten, sondern es ist viel Unwissenheit und viel gegenseitiges Interesse dar.“ Sie beobachtet, dass die Schüler:innen mittlerweile immer mehr zu den Themen wissen. Sie kennen mehr Begriffe und lassen sich leichter auf Diskussionen ein. „Das ist für mich das, was diese Arbeit so wertvoll macht“, erzählt Elli mit einem warmen Lächeln im Gesicht.

„SCHLAU ist super nah an meiner eigenen Identität. In meiner Familie habe ich nach meinem Outing auch negative Erfahrungen gemacht.” Deshalb möchte sie bei SCHLAU zeigen, dass queere Personen ganz normale Menschen sind, die genauso individuell sind wie alle anderen auch. „Das meine ich mit normal: Wir sind alle unterschiedlich und darin sind wir gleich“, ergänzt die Psychologiestudentin.

Privatleben Ade?

Wichtig zu betonen, findet Elli, dass die Ausübung eines Ehrenamtes auch immer eine finanzielle Frage ist: „Man muss es sich finanziell leisten können, so viel Zeit aufzuwenden.“ Denn ein Ehrenamt ist eine Tätigkeit, die freiwillig, gemeinwohlorientiert und unentgeltlich erfolgt. Bei SCHLAU soll mehr darauf geachtet werden, dass unterschiedliche Lebensperspektiven präsentiert werden und nicht nur von denen, die es sich finanziell leisten können. Aber so ist es leider meistens, muss Elli schweren Herzens zugeben.

Während ihres Bachelors in Bonn hat Elli die Chance bekommen, ihr Ehrenamt in einen Beruf umwandeln zu können. Seit sie in Essen lebt, kommt sie ohne Nebenverdienst aus. Dennoch ist es für sie ein Abwägen von Prioritäten, um alles unter einen Hut zu bekommen. „Du musst einfach immer irgendwas zurückstecken, im Semester meistens die Uni und während der Semesterferien steckt dann das Projekt zurück.“ Zugute kommen ihr dabei die regulären Schulferien, wodurch keine Workshops zustande kommen. Die Hochphase für Projekte ist meistens im Frühling und Herbst. „Das ist immer richtig viel kurz vor Ferienbeginn, da die Lehrer:innen noch die restlichen Unterrichtsstunden vor den Ferien füllen wollen.“ Dann finden auch mehrere Workshops pro Woche statt. Ein Workshop dauert um die drei Stunden. Dazu kommen noch die Fahrten, die Vorbereitungen sowie die regelmäßigen Teamtreffen von zwei bis vier Stunden im Monat. Insgesamt verbringt Elli zehn bis 15 Stunden monatlich mit SCHLAU. „Es gibt auch noch Fortbildungen, die dann den ganzen Tag einnehmen, dafür aber nicht so regelmäßig sind“, ergänzt Elli. Der Grund für die Qualifizierungsfortbildungen ist das Schutzkonzept. Durch die Arbeit mit Jugendlichen und Kindern fordert die Landes- und Bundesebene eine Qualifizierung der Mitglieder zum beidseitigen Schutz.InlayWeb.png

Elli macht bei ihrem Workshops in Schulklassen. [Illustration: Eva-Charlotte Vonhof]
 

Einschnitte in ihr Privatleben hat Elli besonders zu Beginn von SCHLAU gespürt. „Ich würde sagen, dass ich mein Ehrenamt sehr priorisiert habe.“ Zeit für Sport mit ihren Freund:innen fiel am Wochenende durch Fortbildungen häufiger weg: „Damit bin ich manchmal nicht auf Verständnis gestoßen, aber alle in meinem Umfeld betrachten das Projekt als cool und haben deswegen eigentlich immer darauf Rücksicht genommen.“

Die Schwächen im Studium

Trotz der Einschnitte in ihr Privatleben ist das Ehrenamt für Elli die perfekte Ergänzung zu ihrem Psychologie Studium. Zu Beginn ihres Masterstudiums wurde ihr von den Dozent:innen nahegelegt, die ersten zwei Semester nichts neben dem Studium zu machen, weil die Semester inhaltlich umfangreich wären. „Ich bin wirklich vom Glauben abgefallen, weil ich dachte: Ihr bietet mir überhaupt nicht das, um mich später gut für eine Psychologin zu qualifizieren.“ Auf die Frage hin, was SCHLAU ihr für ihr Studium nützt, kommt die Antwort sofort aus ihr raus geschossen: Gruppendynamiken. „Die Dynamiken in der Klasse sind so unterschiedlich, es ist einfach jedes Mal eine völlig neue Erfahrung. Das macht es auch nach fünf Jahren immer noch total spannend“, berichtet Elli begeistert. „Das sind Dinge, die ich eigentlich im Studium, besonders in pädagogischer Psychologie, lernen sollte, aber das tue ich nicht.“ Nur Skripte auswendig lernen kommt für sie deshalb nicht infrage. Die Anwendung von dem Gelernten aus der Uni passt für Elli nicht zu 100 Prozent in die Realität. Aus Ellis Sicht ist Psychologie eher konservativ angesiedelt und bietet wenig Spielraum für Vielfalt. „Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich in meinem Ehrenamt bei SCHLAU mache. Dort ermutigen wir, auf sich selbst zu hören.“

Bereits während ihrer Schulzeit hat ihr immer etwas neben dem Lernen gefehlt. Das Ehrenamt ermöglicht Elli Einblicke in die Praxis und das Erlernen von immer neuen Fähigkeiten, durch ihre Workshops und die Lebensgeschichten der Kinder. Genau aus diesem Grund glaubt sie, dass ihr Ehrenamt auch ihre Berufswahl sehr prägen wird.

Wann der Eintritt in das Berufsleben geschehen soll, weiß Elli noch nicht. Denn SCHLAU steht für Elli mit an erster Stelle. „Mir persönlich ist zum Beispiel mein Studium nicht so wichtig. Ich nutze die Semesterferien, um zu lernen, so kann ich während des Semesters andere Dinge machen, die mir wichtig sind und mir einen Sinn im Leben geben - und das ist SCHLAU.“

Eine ihrer schönsten Erfahrungen hat Elli in einer Förderschule in Bonn gemacht: „Diese Gruppe war so schön, weil sie alle so unterschiedlich waren.“ Normalerweise stellt das SCHLAU-Team die Fragen an die Schüler:innen, doch das besondere an diesem Tag war, dass ein Mädchen gefragt hat: „Was habt ihr denn für Fragen an uns?“, erzählt Elli voller Begeisterung. „In diesem Workshop ist es uns so gut gelungen, in diese Begegnung reinzukommen und uns auszutauschen“. Zum Ende des Workshops erhielt Elli gelbe Tulpen. Noch heute liegen die getrockneten Blüten auf ihrem Schreibtisch als Erinnerung an diese Begegnung.

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