CAMPUS
Die Studentin und Künstlerin Vanessa Kuhn verkauft über Umwege erfolgreich ihre eigene Kunst. Denn auch wenn sie aus einem Zuhause stammt, wo ein sicherer Job wichtig ist, hat sie ihren Wunsch, als freie Künstlerin arbeiten zu können, nie aufgegeben. Jetzt darf sie unter anderem den „Raum der Stille“ an der Universität Duisburg- Essen (UDE) gestalten.
„Früher als Kind habe ich immer meine Freunde gezwungen, mit mir zu malen“, erinnert sich Vanessa Kuhn. „Irgendwann wurde das für meine Freunde langweilig, das konnte ich nicht verstehen. Mein Tageshighlight war es, ein Bild zu malen und das am Abend meinen Eltern zu zeigen.“ Denn ihre Liebe zum Malen und Zeichnen hat Vanessa eigentlich schon immer gehabt. Früh hat sie Zeichenkurse belegt und am liebsten Comics gemalt. Mit zehn Jahren durfte sie ihr erstes Bild, einen Löwen, in einem Altenheim ausstellen.
Heute verkauft sie ihre Kunst. „Vor anderthalb Jahren hatte ich eine Ausstellung an der Uni. Da kamen hinterher viele Menschen auf mich zu und fragten, ob ich die Kunst denn auch verkaufen würde“, sagt Vanessa. Das war so nicht geplant gewesen. Zwar überlegte sie nach der Schule an die Kunstakademie in Düsseldorf zu gehen, entschied sich aber aus „Sicherheitsgründen“ dagegen. Deshalb begann sie Kunst und Spanisch auf Lehramt an der UDE zu studieren und studiert jetzt im Master Kunst. Beeinflusst wurde Vanessa darin von ihren Eltern. „Damals auf dem Gymnasium wollte ich den Kunst LK wählen und hatte mit Vorurteilen zu kämpfen“, erzählt die Studentin. „Denn meine Eltern sind da etwas konservativ und betitelten das als „Hausfrauen-Abitur“ und wünschten sich später einen sicheren Beruf für mich. Das hat mich unsicher gemacht und auch in meiner Studienwahl beeinflusst.“ Denn obwohl oder vielleicht gerade weil ihre Eltern selbst künstlerisch tätig sind, beschreibt Vanessa sie als ihre „größten Kritiker“. Doch so hat auch Vanessa ihre Leidenschaft zur Kunst entdeckt. „Meine Mutter hat mir schon früh Stift und Papier hingelegt und ich habe gemerkt, dass mich das Malen runter bringt und in eine andere Welt katapultiert.“
Inspiration durch die Natur
Aktuell stellt Vanessa ihre Werke in der Galerie Blende57 in ihrem Wohnort Essen aus. Die meisten Bilder sind bunt und floral. Denn die Essenerin lässt sich vor allem von der Natur inspirieren: „Wenn ich mal nicht weiterweiß, gehe ich raus in den Wald oder laufe durch den Garten. Ich finde Natur total beeindruckend, vor allem die in Asien.“ Vanessa war schon öfter dort und ließ sich künstlerisch beeinflussen. Knallige Farben und Muster interessierten sie allerdings schon immer. Künstler wie Jackson Pollock oder Emil Schumacher zählen zu ihren Vorbildern. „Die Linie ist für mich der Anfang und Ursprung jeden Werkes, beziehungsweise ist das ja auch so.“ Dann legt sich bei Vanessa ein Schalter um, sie hört Musik oder ein Hörbuch, der Inhalt ist egal, und malt drauflos. Sie beschreibt ihren Zustand dann wie einen Fluss und wenn dieser Fluss endet, dann hört sie auch auf. „So male ich teilweise an vier Bildern gleichzeitig, gehe dann von Bild zu Bild und schaue intuitiv, was mir gerade so kommt.“
Vanessa beschreibt sich früher als perfektionistische und materialistische Künstlerin, heute eher als freier und abstrakter. „Ich möchte die Menschen, die vor meinen Bildern stehen, mitnehmen und zum Nachdenken anregen. Die positiven Farben bestärken den Prozess, finde ich.“ Für sie ist ihre Kunst eine Abstraktion der Wirklichkeit und eine Zwischenwelt von Realität und Fiktion. „Ich wollte, dass die Menschen in meine Gefühlswelt eintauchen können, wenn sie meine Bilder sehen“, so Vanessa. „Ich wünsche mir manchmal diese kindliche Naivität zurück, da man als Kind viel freier ist. Jetzt denkt man eher in Rahmen, die das Umfeld einem gibt.“ Doch habe sie sich schon weitestgehend von den Stimmen anderer und ihrer früheren Kunstrichtung „weg emanzipiert“. Das habe sie auch ihrem Studium und ihrem betreuenden Dozenten an der UDE zu verdanken.
„Stille finde ich erdrückend”
Ihre Werke entstehen größtenteils zuhause in ihrem Atelier, einem offenen, hellen Raum. „Die Geräusche von draußen gefallen mir. Stille finde ich erdrückend.“ Wenn ihre Mutter zu Besuch kommt, fällt es ihr manchmal noch schwer, sich von ihren Ratschlägen abzugrenzen: „Das ist, wenn man eine künstlerische Familie hat. Einerseits ist mir die Meinung meiner Mutter sehr wichtig, andererseits möchte ich in der Kunst meinen eigenen Weg gehen. Denn Kunst muss ja auch nicht immer schön, sondern kann auch interessant sein, davon muss ich mich persönlich noch lösen.“

Seitdem ihre Eltern gemerkt haben, wie ernst es Vanessa mit ihrer Kunst ist, bekommt sie für ihr Vorhaben viel Unterstützung. Durch viele Jobs konnte sie sich ihren Traum immer finanzieren und lebt aktuell sogar von der Kunst. Dazu hat sie einen künstlerischen Wettbewerb an der UDE gewonnen, bei dem es Aufgabe war, den Raum der Stille zu gestalten. Ihr Konzept wird im kommenden Jahr umgesetzt. Jetzt bewirbt sich Vanessa erstmal bei verschiedenen Online-Galerien, wie Amazon-Handmade, wo sie ihre Werke verkaufen möchte. „Dafür muss ich mich erstmal mit den ganzen steuerlichen Sachen auseinandersetzen, diese Bürokratie hat mir noch nie gefallen“, so die Studentin lachend. Um den nächsten professionellen Schritt zu gehen, sei dies aber notwendig.
In Zukunft möchte Vanessa dennoch erstmal den Beruf als Lehrerin antreten. „Sobald ich aber von der Kunst leben kann, möchte ich eher als freie Künstlerin arbeiten. Und ich glaube das kann ich auch schaffen.“ Denn sie glaubt fest, dass Kunst das Leben eines jeden Menschen bereichern kann: „Gute Kunst macht für mich aus, wenn ich mir das Bild jahrelang jeden Tag anschauen kann und immer wieder neue Dinge entdecke. Das möchte ich auch mit meiner Kunst bewirken.“