CAMPUS
Genau wie die Erstsemester ist auch Prof. Dr. Barbara Albert neu an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Seit dem 01. April 2022 bekleidet sie das Amt der Rektorin. Im Gespräch mit der akduell berichtet sie von schönen Momenten, den Herausforderungen als Rektorin und wie sie zur Gleichstellung an Hochschulen steht.
ak[due]ll: Sie sind nun seit einem Semester im Amt der Rektorin. Was war in der ersten Zeit einer der schönsten Momente und was war Ihre größte Herausforderung?
Prof. Dr. Barbara Albert: Es gab viele schöne Momente. Vor allem dann, wenn ich das Gefühl hatte, die Menschen und ihre Arbeitsbereiche an der UDE besser kennenzulernen und zu sehen, was hier geleistet und gekonnt wird. Ein Highlight sind die Kennenlernbesuche in den Fakultäten und den zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen. Es ist schön zu sehen, wie die Fakultäten auf meinen Besuch reagieren, was sie vorbereiten und mir zeigen wollen. Was ich also am schönsten finde, ist, die Glanzstücke der Universität zu entdecken. Ich wusste bereits vorher, dass es sie gibt, aber es ist etwas anderes, diese Glanzstücke zu sehen.
Herausfordernd wird es dann, wenn die Erwartungshaltung meines Gegenübers nicht mit dem zusammen passt, was ich als Rektorin erfüllen kann. Das können finanzielle Dinge sein, aber auch politische Entscheidungen. Ich muss häufig auf Dinge reagieren, die lange vor meiner Zeit gestartet wurden. Wenn man länger in einem Amt ist, ist es einfacher, das Erwartungsmanagement und tatsächlich Realisierbares zusammenzuführen.
ak[due]ll: In Ihrer Antrittsrede im April haben Sie gesagt, eine wichtige Aufgabe während Ihrer Amtszeit sei es, die Studierenden nach der Online-Lehre zurückzugewinnen. Auf welche Maßnahmen setzen Sie hierzu?
Prof. Dr. Albert: Präsenz, Präsenz, Präsenz! Das ist unsere Aufgabe und Verantwortung als Universität. Wir wollen Studierenden in dieser wichtigen Lebensphase ein Umfeld bieten und das ist nicht der Bildschirm zu Hause auf dem Küchentisch. Das hat nichts damit zu tun, dass es nett ist, sich mal auf dem Flur zu treffen und sich zu unterhalten. Ein Studium ist eine wichtige, strukturierende Lebensphase für Menschen. Aber auch für die Qualität der Arbeit, die wir leisten, ist Präsenz ein wesentlicher Faktor. Seien es das Vermitteln von Wissen, das Hineinwachsen in wissenschaftliches Denken und in die Forschung.
ak[due]ll: Könnte es durch die Energiekrise passieren, dass die UDE wieder vermehrt zur Online-Lehre zurückkehren muss?
Prof. Dr. Albert: Das wird nur geschehen, wenn wir von außen dazu gezwungen werden. Wenn wir Strom und Gas nicht bekommen oder nicht mehr bezahlen können, dann müssen wir Alternativlösungen finden. Für diesen Winter gehe ich jedoch nicht davon aus, dass dieser Fall eintreten könnte. Trotzdem bereiten wir uns natürlich auch für schlimme Szenarien vor.
ak[due]ll: Welche Ziele haben Sie für Ihre Amtszeit?
Prof. Dr. Albert: Ich würde die UDE gerne darin stärken, als Wissenschaftsinstitution mit überregionaler Wirkung wahrgenommen zu werden. Ich finde es toll, wie sich diese junge Universität strukturiert und aufgestellt hat. Jetzt müssen wir der Welt zeigen, dass wir da sind und dass wir in der Liga der wichtigen Universitäten und Wissenschaftseinrichtungen Deutschlands eine Rolle spielen. Ich möchte uns zudem gerne dem Exzellenzwettbewerb stellen. Im nächsten Jahr werden wir mit sogenannten Voranträgen bei diesem Wettbewerb ins Rennen gehen. Ich würde es großartig finden, wenn die UDE Erfolg hat.
Aufgrund des 20-jährigen Bestehens der Universität im kommenden Jahr schauen wir auf das, was die UDE in dieser Zeit erreichen konnte. Zugleich gilt es, unser Profil für die Zukunft weiterzuentwickeln. Das Rektorat wird einen Strategieprozess anstoßen. In diesem Prozess schauen wir gemeinsam auf die Stärken in der Forschung, im Bereich Studium, Lehre und Bildung und in den anderen Bereichen unserer Universität. Wir stellen uns die Frage: Welche Rolle kann die UDE in der Landschaft der Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland einnehmen und welche nimmt sie bereits ein? Ich würde mich freuen, wenn bei diesem Prozess zum Beispiel herauskäme, dass die UDE eine Wissenschaftseinrichtung ist, die in besonderer Weise für Klima-Lösungen steht .
ak[due]ll: Laut einer Analyse des Centrum für Hochschulentwicklung aus dem Jahr 2021 werden 62 von 81 staatlichen Universitäten von einem Mann geleitet. Das entspricht ungefähr 77 Prozent. Wie wichtig ist es Ihnen, etwas für die Gleichstellung an der UDE zu tun?
Prof. Dr. Albert: Ich hatte von Beginn an das Gefühl, dass Gleichstellung ein wichtiges Thema für die UDE ist. Es macht den Eindruck, dass das Gleichstellungsteam - sowohl die neuen Beauftragten als auch das vorangegangene Team - bereits vieles erreicht hat. Mir selbst ist das Thema wichtig, denn es hat mein Leben beeinflusst. Wenn es Instrumente oder Maßnahmen gab, die für die Gleichstellung wirksam waren, dann haben mir diese genutzt und geholfen. Dessen bin ich mir bewusst und das möchte ich gerne weitergeben mit meinem Leben und mit meinem Tun.
Wo wir handeln müssen, ist an den Fakultäten, an denen selten eine Professorin auf den Berufungslisten steht. Da besteht an einigen unserer Fakultäten Nachholbedarf. Das erfordert ein Umdenken.
Ich denke, der Karriereweg zur Professur ist, wenn das Familienbild noch das traditionelle ist, für Frauen schwieriger als für Männer. Wenn sich Paare die Familienfürsorge und Erwerbstätigkeit nicht gerecht teilen, sondern der Löwenanteil der Familienfürsorge bei der Frau liegt, dann ist es für sie schwieriger, gleichzeitig die Qualifizierungsschritte zur Professur zu machen. Das traditionelle Familienbild bedingt manchmal eine schlechte Bewerbungslage. Um die Situation zu verbessern, muss es auch zu einem Umdenken in der Gesellschaft kommen.
ak[due]ll: Bald beginnt das Wintersemester 2022/23. Was würden Sie den Erstsemestern für ihr Studium mit auf den Weg geben?
Prof. Dr. Albert: Selbst wenn wir digitale und hybride Lehre anbieten und Kurse auf Moodle hochgeladen werden: Die Erstsemester sollten die Chance nutzen, auf dem Campus anzukommen, sich einzubringen und die Universität als eine Art neue Familie kennenzulernen. Eine Universität kann etwas besonders Prägendes im Leben sein. Sie ist keine weitere Schulstufe, die man abhakt. Ich würde mir wünschen, dass die Erstsemester nicht nur an die Universität kommen, um ein Angebot zu konsumieren, sondern dass sie ein Teil der UDE werden.