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CAMPUS

Mentoring an der UDE: Ein direkter Draht in die Arbeitswelt

Das Mentoring-Programm soll die Hürden des Berufseinstiegs verringern.

[Foto: DiMento]

15.10.2022 14:44 - Gwendolyn Barthe

Du bist im Master und fragst dich, wie du an deinen Traumjob kommen kannst? Oder hast du noch keine Ahnung, was und wie du überhaupt arbeiten willst? Stell dir vor, du hättest eine:n berufserfahrene:n Mentor:in an deiner Seite, mit dem:der du diese Fragen besprechen kannst. Klingt gut? Dann könnte das Mentoring-Programm DiMento der UDE etwas für dich sein. Hier erzählen zwei Teilnehmer:innen und die Programmkoordinatorin von ihren Erfahrungen.

Merlin hat in seinem Lebenslauf schon einige Stationen angesammelt: eine Ausbildung zum Tischler, Arbeitserfahrung als Stadtteilarbeiter, einen Bachelor in Politikwissenschaft und bald einen Abschluss im Master Sozioökonomie. „Es fühlt sich so an, als hätte ich schon mehrere Umschulungen hinter mir“, sagt der 33-Jährige. Trotz seiner Erfahrungen hat er Bammel vor dem Berufseinstieg. „Nach dem Bachelor habe ich gemerkt, wie schwierig es ist, ohne Kontakte in den Arbeitsmarkt reinzukommen.“ Er hat das Gefühl, viele Codes der Arbeitswelt nicht zu kennen: Was muss in einen Lebenslauf rein, wie schreibt man eine gute Bewerbung, wie viele Praktika braucht man? 

Weil seine Bewerbungen auf Referentenstellen bei Städten und Kommunen erfolglos bleiben, entscheidet er sich schließlich für ein Masterstudium. „Ich wollte vermeiden, dass es mir nach dem Master genauso geht und die Hürde so klein wie möglich machen.“ Deshalb bewirbt er sich für einen Platz beim Mentoring-Programm DiMento der UDE. Das zwölfmonatige Programm soll vorrangig Masterstudierenden und Promovierenden mit Diversity-Hintergrund* helfen, individuelle Strategien für den Übergang in den Beruf zu entwickeln. Dazu dienen vier Bausteine: regelmäßige Treffen mit einem:einer Mentor:in aus dem Wunschberufsfeld, der Austausch mit anderen Teilnehmer:innen in Peer-Groups, die Teilnahme an Workshops des akademischen Beratungszentrums und individuelle Beratungsgespräche mit der Programmleiterin Mechthild Budde.

Karriere rückt aus dem Fokus

Budde hat das Programm 2013 ins Leben gerufen. „Es ist spannend, dass jeder Jahrgang anders ist, neue Themen und Bedürfnisse mitbringt und sich das Programm dadurch weiterentwickelt”, erzählt die Diplom-Pädagogin. „Im ersten Jahrgang ging es den Mentees um Karriere, Karriere, Karriere: Wie schaffe ich es, in mein Traumunternehmen reinzukommen?“, erinnert sich Budde. „Viele Mentees wollen in die großen, bekannten und vermeintlich tollen Unternehmen. Mittlerweile rege ich sie dazu an, zu hinterfragen, ob solche Unternehmen überhaupt zu ihnen passen und was sie bei der Arbeit brauchen, um sich wohlzufühlen. Heute ist es viel leichter, mit Studierenden darüber zu sprechen.” Im Gespräch mit den Mentor:innen können die Mentees dann herausfinden, ob die Tätigkeit, die sie für sich als Berufsziel überlegt haben, ihren Bedürfnissen auch tatsächlich gerecht wird.

Wie Arsch auf Eimer: Die Mentor:in-Mentee-Beziehung

Um eine:n passende:n Mentor:in zu finden, führt Budde anfangs ein ausführliches Gespräch mit dem:der Mentee. Wie ist sein:ihr bisheriger Werdegang und wo sieht er:sie sich in der Zukunft? „Gemeinsam überlegen wir dann, welches Unternehmen oder welche Organisation passen könnte.“ In den letzten Jahren haben sich viele Mentor:innen in der Datenbank angesammelt. „Die Mentor:innen übernehmen das sehr gerne immer wieder.“ Falls es noch keinen passenden Kontakt gibt, setzt sich Budde mit neuen Arbeitgeber:innen in Verbindung. In einem ausführlichen Telefonat stellt sie den potentiellen Mentor:innen das Programm und seine Ziele vor. „Meiner Erfahrung nach sind Menschen, die sich freiwillig dafür melden, freundlich und offen. Wenn ich den Diversity-Aspekt anspreche, sagen viele, dass sie ebenfalls einen Diversity-Hintergrund haben und sich früher auch ein Mentoring gewünscht hätten.“

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Zwölf Monate steht den Teilnehmer:innen ein:e Mentor:in zur Seite. [Foto: DiMento]

Das erste Treffen zwischen Mentor:in und Mentee ist unverbindlich. „Wenn der:die Mentee das Gefühl hat, dass sie nicht auf einer Wellenlänge sind oder es fachlich doch in die falsche Richtung geht, finden wir eine:n neue:n Mentor:in. Das ist bisher fast nie vorgekommen”, sagt Budde.

Auch bei Merlin passt es auf Anhieb. Durch die Mischung aus Handwerk, sozialer Arbeit und Politikwissenschaft in seinem Lebenslauf stoßen er und Budde auf Gewerkschaftsarbeit als potentielles Berufsfeld. Sie finden einen Mentor beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Roman und ich sind wie Arsch auf Eimer. Wir verstehen uns menschlich gut und haben einen ähnlichen Lebenslauf. Er hat erst eine Ausbildung gemacht, im Anschluss gearbeitet und sich dann für ein weiterführendes Studium entschieden. Er hatte deshalb viel Verständnis für meine Situation“, erzählt Merlin. 

Bewerbungstipps von einem, der’s wissen muss

Alle sechs bis acht Wochen treffen sich die beiden online. „Roman hat viel von seinen Erfahrungen aus der Arbeitswelt erzählt. Mit der Zeit haben sich die Gespräche verselbstständigt, weil wir uns besser kennengelernt haben.“ Merlin beschreibt diesen Austausch als Empowerment. „Ich habe Einblicke in seinen Berufsalltag bekommen und gemerkt, dass ich das auch schaffen kann. Das hat mir Selbstvertrauen für die Jobsuche gegeben.“ Aus dem Mentoring hat sich für den Sozioökonomie-Studenten außerdem ein Praktikum beim DGB ergeben. „Roman hat den Kontakt zu meinem zukünftigen Chef hergestellt und mir Tipps gegeben, worauf ich beim Anschreiben achten soll. Es ist super, jemanden auf der anderen Seite zu haben, der dich schon kennt und sich für dich einsetzt.“ Budde betont, dass das nicht die Regel ist: „Wenn es auf beiden Seiten passt, kann ein Werkstudentenjob oder ein Praktikum beim Mentoring herauskommen, das ist aber nicht das Ziel des Programms.“

Nichtsdestotrotz kann das Mentoring helfen, sich auf Bewerbungsgespräche und die Jobsuche vorzubereiten. So war es auch bei Mentee Veronika. Sie studiert im Master Supply Chain Management an der Mercator School of Management und wurde ein Jahr lang von einem Mentor der Duisport Agency begleitet. „Dadurch, dass mein Mentor selbst Bewerbungsgespräche führt, konnte er mir Tipps geben, worauf es ankommt“, erzählt die 26-Jährige. „Mit meiner Vorgängerin hat er auch Bewerbungsgespräche geübt, als sie auf Jobsuche war.“

Keine Tabus

Veronika kommt aus der Slowakei, hat ihren BWL-Bachelor in Deutschland gemacht und arbeitet als Werkstudentin bei REWE. Bisher hat sie keine schlechten Erfahrungen als Ausländerin auf dem deutschen Arbeitsmarkt gemacht. Deshalb war der Diversity-Bezug des Programms für sie nicht ausschlaggebend, um sich zu bewerben. Für sie war es ein spannender Nebeneffekt, sich tiefergehend mit dem Thema zu beschäftigen und zu überlegen, wie ihr zukünftiges Unternehmen sie diesbezüglich unterstützen sollte: „Bei mir ist es vor allem die sprachliche Barriere: Ich verstehe alles zu 99,7 Prozent, aber manchmal gibt es Situationen, in denen ich ein Wort nicht kenne und damit den Zusammenhang nicht begreife. Dann brauche ich nochmal eine Erklärung, ohne als inkompetent dargestellt zu werden.“ 

Veronika ist begeistert davon, mit ihrem Mentor offen über diese und andere Themen sprechen zu können: „Wir haben zum Beispiel über Gehaltsvorstellungen geredet, ein Thema, das in meinem Freundeskreis tabu ist. Auch um Antworten zur Präsenz von Frauen in seinem Unternehmen hat er sich nicht gedrückt.“ Außerdem erfährt Veronika viel vom Werdegang ihres Mentors, welche Fehler er gemacht hat und was er anders machen würde.

Das Programm ist aber keine Einbahnstraße. Auch die Mentor:innen nehmen etwas von dem Austausch mit, ist Budde überzeugt: „Ich habe das Gefühl, es kommt an, was die Mentees erzählen und verändert ein Stück weit die Sicht der Mentor:innen. Das ist natürlich auch ein Ziel des Programms: in den Unternehmen Impulse zu setzen für mehr Diversity.” Im besten Fall schließt sich der Kreis und der Input der Mentees kommt ihnen beim Berufseinstieg zu Gute.  

Wenn du Interesse an dem Programm hast, findest du hier mehr Informationen zu den anderen Bausteinen und zur Bewerbung.

*Bei der Bewerbung wird außerdem besonders berücksichtigt, wer einen Zuwanderungshintergrund hat, aus einem Nicht-Akademiker-Haushalt kommt, Kind(er) oder Angehörige betreut, eine Behinderung hat, chronisch krank ist, sich als LGBTQI* versteht oder wessen Geschlecht im eigenen Studiengang unterrepräsentiert ist. Bewerben kann sich außerdem, wer sich im Diversity-Kontext engagiert, zum Beispiel in der Geflüchtetenhilfe.

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