Studentische Monatszeitung für Duisburg, Essen und das Ruhrgebiet

HOCHSCHULPOLITIK

Was Michael Dahlhoff mit dem Studierendenwerk vorhat

Michael Dahlhoff [Foto: Studierendenwerk Essen-Duisburg]
02.08.2020 12:09 - Dennis Pesch

Der 50-Jährige Betriebswirt Michael Dahlhoff ist seit dem 15. April 2020 Geschäftsführer des Studierendenwerk Essen-Duisburg. Wie die ersten 100 Tage für ihn waren, wie er das Studierendenwerk durch die Wirtschaftskrise führt, was er zur Überbrückungshilfe sagt und wie er gegen den Sanierungsstau kämpfen will, hat er akduell-Redakteur Dennis Pesch im Interview erzählt.

ak[due]ll: Sie haben mitten in der größten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik beim Studierendenwerk angefangen. Wie war das für Sie?

Michael Dahlhoff: Ich wurde von allen sehr freundlich aufgenommen. Das Tagesgeschäft ist anfangs in den Hintergrund getreten, auch wenn sich das schnell nivelliert hat. Die Corona-Krise ändert nichts an den gesetzlichen Aufgaben des Studierendenwerks. Wir müssen wirtschaftlich haushalten, deshalb ist das Angebot in der Gastronomie stark reduziert. Eine Mensa produziert in anderen Dimensionen Lebensmittel als wir das in der Cafeteria kennen. Wir haben derzeit 150 bis 200 Kundinnen und Kunden am Tag. Es ist wichtig, dass wir den Leuten helfen, die an der Uni sind. Ab Oktober werden wir uns dann neuen Herausforderungen stellen. Wir rechnen damit, dass 30 Prozent der Studierenden wieder präsent sein werden. Selbst da ist es aber grenzwertig, eine Mensa aufzumachen. Wenn wir sie aufmachen, kommen aber vielleicht auch Studierende, die nicht in Präsenz studieren, hier wohnen oder im Home-Office arbeiten.

ak[due]ll:: Wie geht es dem Studierendenwerk in der Krise?

Dahlhoff: Unsere Finanzierung ist gesichert, weil wir vom Land einen Ausgleich bei der Gastronomie bekommen haben, aber das ist ein Nullsummenspiel. Die Studierendenwerke sind nicht da, um Gewinne zu erzielen. Trotzdem brauchen wir einen ausgeglichenen Haushalt. Wir haben bei den Wohnheimen den Auftrag, das kostenneutral zu gestalten. Das ist eine Herausforderung, was die Sanierung angeht, weil unsere Mieterinnen und Mieter nach drei bis fünf Jahren wechseln und die Substanz sich stärker abwohnt. Da brauchen wir mehr Hilfe vom Land. Wir haben derzeit einen Leerstand von 20 Prozent. Das ist unter Anderem darauf zurückzuführen, dass viele Programmstudierende ihr Studium in Deutschland nicht aufnehmen konnten. Der Einbruch in den Wohnheimen kostet uns in diessem Jahr rund 250.000 Euro. Die Landesregierung hat uns außerdem aufgefordert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit zu bringen, um die Lohnkosten in die Bundesfinanzierung zu portieren. Das haben wir in Absprache mit Ver.di gemacht. Alle Mitarbeitenden bekommen ihr Kurzarbeitergeld aufgestockt. Das ist wichtig, da hier vielfach die unteren Lohngruppen  vertreten sind und viele Beschäftigte in Teilzeit arbeiten und Familie haben. Selbst wenn wir im Wintersemester aber wieder eine Mensa aufmachen, können wir nicht davon ausgehen, bei 30 Prozent Kundinnen und Kunden nur 30 Prozent des Personals einzusetzen. Auch über den 31. Dezember hinaus müssen noch Mitarbeitende in Kurzarbeit bleiben.

ak[due]ll: Für die Wirtschaft wird viel Geld mobilisiert. Ist es verhältnismäßig, wenn Unternehmen mit öffentlichen Versorgungsaufträgen mit Nullsummen abgespeist werden, obwohl Investitionen nötig wären? 

Wir müssen schauen, dass wir mit weniger Geld auskommen. Von den Studierenden wollen wir es nicht nehmen.

Dahlhoff: Nachdem wir Hilfe eingefordert haben, ist sie auch gekommen. Die Signale sind positiv, aber der Prozess ist schleppend. Natürlich könnte man Studierende mehr entlasten. Bei uns bleibt operativ kein Schaden, sodass wir die Sozialbeiträge nicht erhöhen müssen. Wir haben aber steigende Kosten beim Personal, bei den Lebensmittelpreisen, in der Energie, beim Betrieb der Gastronomie und beim Bauen. Die werden in den normalen Zuschüssen vom Land nicht abgebildet. Im Endeffekt mussten die Studierenden das in den vergangenen Jahren bezahlen. Wir wollen schlanker, effektiver und digitaler werden und wir werden mit weniger Personal arbeiten müssen.

ak[due]ll: Wie stellen Sie sich das konkret vor und was heißt das für das Personal?

Dahlhoff: Wir müssen schauen, dass wir mit weniger Geld auskommen. Von den Studierenden wollen wir es nicht nehmen. Wir sind 57 Studierendenwerke bundesweit. Wir haben da zum Beispiel wenige Einkaufsverbünde. Da sehe ich viel mehr Möglichkeiten beim Ressourcenaustausch unter den Studierendenwerken und vielleicht können wir auch Aufgaben bündeln, zum Beispiel beim Thema IT. Wir werden Dinge neu organisieren müssen, aber es wird keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

ak[due]ll: Aber auslaufende Verträge?

Dahlhoff: Das ist nicht auszuschließen. Es wäre fatal, wenn wir sagen, dass wir so weitermachen wie bisher.

ak[due]ll: Sie haben die Unterfinanzierung der Studierendenwerke angesprochen. Ihre Einsparungen werden nicht den Investitionsstau lösen. Wollen Sie gemeinsam mit den Studierenden politisch Druck machen, damit das Problem gelöst wird?

Dahlhoff: Es ist schön, dass Sie das ansprechen. Das ist auch meine Denkweise. Alle Fraktionen hier am Standort sollten sich einig sein. Wir haben recht schnell Kontakt zum AStA gesucht. Nicht nur die Studierenden, auch die Hochschulen sollten sich dazu bekennen. Es geht darum, den Studierenden eine schöne, angenehme und sorgenfreie Studienzeit zu bescheren. Dass sie hier nicht nur die Basis für ihre berufliche Karriere entwickeln, sondern eine schöne Erinnerung haben. Prekäre Wohnverhältnisse und fianzielle Sorgen sind da kontraproduktiv und behindern den Studienerfolg.

ak[due]ll: Viele Studierende haben ihre Jobs verloren. Über 4.500 haben alleine bei Ihnen Überbrückungshilfe beantragt. Es gab eine Ablehnungsquote von 22 Prozent (Stand: 17. Juli). Wie nehmen Sie die Situation der Studierenden wahr? Ist das Problem nicht, dass die Bundesregierung so mickrige Beträge mobilisiert hat? 

Dahlhoff: Wir haben den Auftrag zu prüfen, ob es einen pandemiebedingten Notfall gibt. Es gab einige, die versucht haben, die Zuschüsse zu bekommen, die nicht in so einer Notlage sind. Die haben kurz vorher große Geldbeträge vom Konto geräumt. Die andere Gruppe sind Menschen, die schon vor der Pandemie in einer Notlage waren und das tut mir besonders leid, denn für die ist dieses Programm nicht gemacht worden. Wir raten denen, sich an unsere Sozialberatung zu wenden. Es gibt aber auch Leute, die bei den Anträgen Fehler machen. Da fragen wir nach und helfen weiter, damit der Antrag bewilligt wird. Wir hätten uns aber gewünscht, dass das BAföG geöffnet wird. Es hätte uns viel Arbeit erspart. Die IT-Firma, die die Software programmiert hat, arbeitet auch nicht für Gotteslohn. Das geht alles runter von der Fördersumme. Das Thema zeigt, dass über eine Reform der Studienfinanzierung nachgedacht werden muss. Denn das ist eine große Herausforderung für Studierende.

Studierendenwerk Essen-Duisburg: 4.584 Anträge auf Überbrückungshilfe

Die Anträge kommen von Studierenden der Universität Duisburg-Essen, der Hochschule Ruhr West und der Folkwang Universität der Künste.
 

Redakteur*in gesucht!

Der AStA der Universität Duisburg-Essen sucht zur Verstärkung der akduell-Redaktion ein*e Redakteur*in.
 

Digitales Semester: Zum Verzichten

Unser Redakteur Erik Körner studiert an der UDE und spricht über seine Erfahrungen im ersten vollständig digitalen Semester.
 
Konversation wird geladen