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CAMPUS

EndFossil Occupy: Die Besetzung des Duisburger Hörsaals im Überblick

Aktivist:innen von EndFossil: Occupy besetzten das LX Gebäude in Duisburg.
[Foto: Julika Ude]

21.11.2022 15:03 - Julika Ude

Aktivist:innen von EndFossil: Occupy besetzten fünf Tage lang, vom 07. bis zum 11. November 2022, das LX Gebäude auf dem Duisburger Campus der Universität Duisburg-Essen. Warum sie ausgerechnet die Uni besetzten und was sie fordern. Und wie die Studierendenschaft und das Rektorat auf die Besetzung und die Forderungen reagieren. 

Vor zwei Wochen, am 07. November 2022, besetzten Aktivist:innen des internationalen Bündnisses EndFossil: Occupy das LX Gebäude auf dem Duisburger Campus. Am Montag gegen 12 Uhr, als die Soziologie-Vorlesung der Professorin Dr. Anja Weiß stattfinden soll, schritten einige der Aktivist:innen auf die Bühne des großen LX Hörsaals. Sie beschrifteten die Tafeln mit „BESETZT“ und informierten die Anwesenden über EndFossil: Occupy und ihre Forderungen. Im Foyer des Gebäudekomplexes schlugen derweil weitere Aktivist:innen der Gruppe ihr Lager auf. Sie richteten ihre Betten und einen Tisch mit Verpflegung für die kommenden Tage ein. Zu diesem Zeitpunkt war noch unklar, wie lange die Aktivist:innen den Gebäudekomplex besetzt halten werden.

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Von Selome Abdulaziz in Lokales
 

EndFossil: Occupy Duisburg möchte durch eine Störung des alltäglichen Campus-Lebens, der „Normalität“, verdeutlichen, dass in Bezug auf das Klima nicht länger „alles in Ordnung“ ist. Laut ihrer Website sehen sie es als Pflicht, sich „als Jugend“ für „eine klimagerechte Zukunft“ einzusetzen und versuchen deshalb, Studierende zu bewegen, sich mit ihnen zu engagieren. In Wortbeiträgen erläuterten sie, dass sie die Uni als einen „politischen Ort“ sehen, an dem Diskussionen zu Forderungen wie ihren Platz finden sollten.

Die Gruppe betonte, sie möchte „für Studierende und mit Studierenden, nicht gegen Studierende besetzen“. Sie hätten alle Professor:innen informiert, deren Vorlesung im LX Gebäude hätten stattfinden sollen und ihnen freigestellt, die Vorlesung zur regulären Zeit, dafür aber mit einem Bezug zum Thema Nachhaltigkeit abzuhalten. Für jeden Tag der Besetzung stellten sie ein Programm, das adaptierte Vorlesungen der Professor:innen sowie Vorträge und Workshops zum Thema Klima und Nachhaltigkeit beinhaltete. Unter ihren Posts auf Instagram luden sie Studierende zur Teilnahme und Diskussionen ein. Auch an der Eingangstür zum LX-Gebäude hing ein Schild, dass zum Eintreten aufforderte.

Wofür Besetzen - und warum die Uni?

Durch das Besetzen von Universitäten und Schulen soll weltweit Aufmerksamkeit generiert und politisches Bewusstsein erzeugt werden, um langfristig „das Ende der fossilen Ära“ zu erreichen. EndFossil: Occupy Duisburg stellt fünf konkrete Forderungen an die Politik und drei an die Universität Duisburg-Essen (UDE).
Die fünf Forderungen, die laut der EndFossil: Occupy Duisburg Website „die überregionalen Aktionen in Deutschland [begleiten]“, beziehen sich auf den Umgang mit fossilen Brennstoffen in finanzieller sowie in gesellschaftlicher Hinsicht. Unter anderem wird ein Ende der Verbrennung fossiler Ressourcen, der Erhalt des Dorfes Lützerath und die Vergesellschaftung der Energieversorgung gefordert.

An die UDE treten die Aktivist:innen mit drei expliziten Forderungen von „mehr Interdisziplinarität, mehr Zukunftsorientierung und weniger Notendruck und Konkurrenz“ im Studium, der Abschaffung des Semesterbeitrags und einer nachhaltigen und zugänglichen Universität. Letzteres soll unter anderem durch eine bessere ÖPNV-Anbindung der Universität, mehr Räumlichkeiten „zum Lernen und Zeit verbringen“ und Barrierefreiheit, die „physisch und sozial“ gestaltet sein soll, erreicht werden.

Gespaltene Meinungen

Die Aktivist:innen stoßen mit ihrer Aktion auf unterschiedliche Meinungen. Auch auf Kritik bezüglich der Umsetzung ihres Projektes. Von den Listen der Universität positionierten sich die Liberale Hochschulgruppe (Lhg) und die Jungsozialistische Hochschulgruppe (Juso HSG) der UDE zu der Besetzung. Die Juso HSG kritisierte die Form des Protests. Durch die Besetzung werde der Zugang zu Bildung blockiert. Dennoch solidarisierte sie sich mit den Aktivist:innen und unterstützt ihre Forderungen an die UDE. Die Lhg forderte am dritten Tag der Besetzung die Universität auf, „Maßnahmen [zu] ergreifen, um die Lehre vor Ort sicherzustellen.“

Frau Dr. Weiß, deren Soziologie Vorlesung die erste war, die unter der Besetzung stattfand, zeigte sich kooperativ. Sie ließ die Aktivist:innen des Bündnisses ihre Vorträge halten und versuchte, die anwesenden Studierenden zu einer Diskussion anzuregen. Sie ist überzeugt, als Student:in ein solches Projekt einmalig mitzubekommen, habe „einen größeren Lerneffekt“, als wenn sie ihre Vorlesung zu gesellschaftlichem Wandel und Protest regulär gehalten hätte.

Ein Studierender, der die Soziologie Vorlesung am Montag frühzeitig verlässt, zeigt sich besorgt. Er erklärt, dass die Aufklärung über die Klimakatastrophe durch die Vorträge von EndFossil: Occupy seiner Meinung nach die falschen Menschen trifft. Seine Generation habe bereits ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickelt. Man müsse nicht bei Studierenden, sondern bei älteren Menschen für ein Umdenken sorgen. Er beteuerte, dass ihm „seine Vorlesung genommen“ wurde. Er sei extra zwei Stunden nach Duisburg gefahren, um die Vorlesung zu sehen.

Politikwissenschaftsstudentin Lina* steht der Besetzung aufgeschlossen gegenüber. Allerdings empfindet sie den Ort der Aktion unpassend gewählt. „Um nachhaltige Veränderungen an der Uni zu erzielen, muss sich das Rektorat aktiv für den Klimaschutz entscheiden.” Sie glaubt, dass man durch das Besetzen der Rektorats-Räumlichkeiten mehr Druck auf wichtige Entscheidungsträger:innen hätte ausüben können. Ihr stellt sich die Frage: „Was hat die Besetzung des Hörsaals bewirkt?”

Die Besetzung ist vorbei, und jetzt?

Am Freitag, dem fünften Tag der Besetzung, verließen die Aktivist:innen nach eigener Aussage „selbstbestimmt“ durch eine Demonstration zum Duisburger Hauptbahnhof das LX Gebäude. Unter einem Instagram Post kündigten sie an, dass trotz Ende der Besetzung mit weiterem Protest ihrerseits zu rechnen ist, bis keine fossilen Energien mehr verbrannt werden und „solidarische Antworten auf Klima- und Wirtschaftskrise gegeben werden”.

Zu den Forderungen von EndFossil: Occupy Duisburg an die UDE äußert sich der AStA-Pressereferent Till Scherle. Er stellt klar, dass der AStA kein Teil des Bündnisses ist, trotzdem „besonders die Forderungen an die UDE“ unterstützt. Die Forderung zur Abschaffung des Semesterbeitrags sieht er jedoch kritisch. Dies sei „nur durch eine anderweitige Finanzierung des Semestertickets“ möglich. Eine konkrete Idee zur Umsetzung gibt es derzeit nicht.

Das Rektorat der UDE positionierte sich bislang nicht zu der Besetzung und den Forderungen. Es lädt Angehörige der UDE zur hochschulöffentlichen Diskussionsrunde am Mittwoch, den 23. November 2022 von 18 bis 20 Uhr im LX 1205 am Campus Duisburg ein. Die Aktivist:innen und das Rektorat werden sich dort über die Forderungen der Gruppe an die UDE austauschen.

*Name von der Redaktion geändert

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